„Wie viel Heimat braucht der Mensch?“

Werke von Rota, Brass und Berlioz stehen beim vierten Konzert des Symphonieorchesters Vorarlberg auf dem Programm.
Bregenz/Feldkirch Das Symphonieorchester Vorarlberg (SOV) stellt in seinem vierten Abonnementkonzert am 10. Februar um 19.30 Uhr im Montforthaus Feldkirch und am 11. Februar um 17.00 Uhr im Festspielhaus Bregenz eine Frage, die in der heutigen Zeit von großer Bedeutung ist: Wie viel Heimat braucht der Mensch? Diese Frage bildet den thematischen Kern eines Abends, der von Werken des Lindauer Komponisten Nikolaus Brass und der Mitwirkung von Nikita Gerkusov, dem Bratschisten des SOV, geprägt ist. Beide Konzerte werden von Jonathan Brandani dirigiert, einem international renommierten Dirigenten, der ab 2021 künstlerischer Leiter der Calgary Opera sein wird und dem Vorarlberger Publikum bestens bekannt ist. Bereits vor zwei Jahren dirigierte er im Rahmen der Festspiele zwei Produktionen mit dem SOV: „Die Italienerin in Algier“ und „Armida“.

Eröffnet wird der Abend mit der Ouvertüre zu „Il cappello di paglia di Firenze“ („Der Florentiner Hut“) von Nino Rota, einem Komponisten, der vor allem durch seine Filmmusiken zu Klassikern wie „Der Pate“ und „La Strada – Das Lied der Straße“ Weltruhm erlangte. Rotas Musik, die für ihre Lebendigkeit und ihren unverwechselbaren Charakter bekannt ist, beginnt fröhlich und stimmt das Publikum auf die vielschichtigen Themen des Abends ein.

Mit der Uraufführung von Nikolaus Brass’ Werk „Wie viel Heimat braucht der Mensch?“ verlagert sich der Fokus jedoch schnell auf ernstere Fragen von Zugehörigkeit und Identität. Das Stück, inspiriert von Jean Amérys gleichnamigem Essay, in dem er seine Erfahrungen mit Flucht und Exil während der Nazizeit reflektiert, wurde ursprünglich 2019 als Auftragswerk des SOV komponiert und beim Festival texte & töne in Dornbirn uraufgeführt. Brass, der für seine Fähigkeit bekannt ist, komplexe emotionale und philosophische Themen musikalisch auszuloten, hat das Werk für eine größere Orchesterbesetzung neu arrangiert, um es in diesem Konzert zur Uraufführung zu bringen.
Nach der Pause geht es weiter mit Hector Berlioz’ „Harold en Italie“, einem Werk, das eine Solobratsche auf eine klangvolle Reise durch Italien schickt, inspiriert von Lord Byrons „Ritter Harolds Pilgerfahrt“. Den Solopart übernimmt Nikita Gerkusov, der Bratschist des SOV. Der in St. Petersburg geborene Musiker hat bereits mehrere internationale Preise gewonnen.

Die Auseinandersetzung mit Heimat, Identität und Heimatverlust, wie sie Brass und Améry thematisieren, ist in einer Zeit, in der weltweit Millionen Menschen von Flucht und Vertreibung betroffen sind, aktueller denn je. Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems und Experte für Amérys Werk, unterstreicht die Bedeutung dieser Themen und betont, wie wichtig es ist, sich mit der Erfahrung von Heimatlosigkeit und dem radikalen Verlust von Zugehörigkeit auseinanderzusetzen.

Mit einer sorgfältig ausgewählten Mischung aus heiteren und nachdenklichen Werken bietet das SOV seinem Publikum einen Abend voller musikalischer Höhepunkte und intellektueller Anregung.
Symphonieorchester Vorarlberg
4. Abo-Konzert 2023/24
Jonathan Brandani: Dirigent
Nikita Gerkusov: Viola
David Kopp: Sprecher
Samstag, 10. Februar 2024, 19.30 Uhr, Montforthaus Feldkirch
Sonntag, 11. Februar 2024, 17.00 Uhr, Festspielhaus Bregenz
Programm:
Nino Rota: Ouvertüre zur Oper „Il cappello di paglia di Firenze“
Nikolaus Brass: Wie viel Heimat braucht der Mensch?
Hector Berlioz: Harold en Italie op. 16