Die abenteuerliche Geschichte eines Auswanderers

Historiker Dieter Petras zeichnet in dem Buch “Der Phantast in der Vorhölle” das spannende Leben des Auswanderers Eduard Fritz nach.
Schwarzach Dieter Petras (59) aus Lustenau schrieb seine Doktorarbeit über die Auswanderung aus dem Walgau. Im Landesarchiv entdeckte der Historiker und Archivar einen spannenden Fall. Eduard Fritz, ein Maurer aus Ludesch, wanderte vor 132 Jahren nach Afrika aus. Als Petras bei der Eröffnung seiner Wanderausstellung „WoAndersHin“ im Jahr 2019 zwei Enkelinnen des Auswanderers kennenlernte, übergaben ihm diese 25 Schulhefte, die Eduard Fritz im Gefangenenlager vollgeschrieben hatte. So konnte Petras über den unglaublichen Lebensweg dieses Auswanderers ein Buch schreiben: „Der Phantast in der Vorhölle“.

Eduard Fritz wurde 1865 in Dalaas geboren. Sein Vater war Ofenbauer. Mit sechs Jahren übersiedelte Eduard zu seinen Großeltern nach Ludesch. Eduard war ein sehr guter Schüler, der auch gerne Missionszeitschriften las. Diese beflügelten seine Fantasie. „Afrika lockte ihn“, weiß Dieter Petras. Weil seine Familie finanzielle Probleme hatte, wurde aus Eduard kein Priesterzögling, sondern ein Schwabenkind. Er arbeitete einige Saisonen als Knecht bei einem Großbauern im Schwabenland. „Die Arbeit gefiel ihm. Eduard wollte auch ein Landwirt werden.“ Aber zunächst lernte er das Maurerhandwerk bei seinem Vater.

Dann war der junge Mann nicht mehr zu halten. Für die belgische Missionsgesellschaft „Die Weißen Väter“ ging er im Jahr 1892 nach Deutsch-Ostafrika (ins heutige Tansania). „Am Ufer des Tanganjikasee half Eduard eine Missionsstation aufzubauen.“ Später arbeitete er beim Bau der Tanganjika-Bahn mit. Das tropische Klima setzte dem Auswanderer zu. „Er durchlitt alle Tropenkrankheiten, vor allem die Malaria machte ihm zu schaffen. Deswegen riet ihm ein Arzt, aus dem Tiefland wegzuziehen. Eduard befolgte den Rat und zog ins Hochland von Tansania.“ Dort erwarb er ein Stück Land. „Er wollte Farmer werden und lieh sich zwei Mutterkühe aus.“

Jetzt fehlte ihm nur noch eine Frau an seiner Seite. „Über ein Inserat in der katholischen Frauenzeitschrift Monika suchte der Siedler eine Partnerin.“ Mit Anna Herta aus dem Schwarzwald fand er sie. Mit ihr kehrte er nach Afrika zurück. „Doch kurz nach der Ankunft in Afrika erlag seine hochschwangere Frau einer Magen-Darm-Erkrankung.“ Eduard war untröstlich. Der verzweifelte Mann stürzte sich in die Arbeit. „Er arbeitete Tag und Nacht. Anfangs hauste er wie Robinson Crusoe, schlief im Freien.“ Nach einigen Jahren aber hatte er mit dem Buschhof eine große Farm aufgebaut und war stolzer Besitzer von 300 Stück Vieh.
Der Farmer wollte nicht allein bleiben und gab erneut eine Partnerschaftsanzeige auf. „Mit Auguste Amberger aus Niederbayern fand er eine Frau, die ihn nach Afrika begleitete. Mit ihr gründete er eine Familie.“ Der so lange und unter tausend Schwierigkeiten erkämpfte Traum war für Eduard in Erfüllung gegangen. Vergessen waren alle Leiden und die jahrelang ertragenen Entsagungen. Das Glück hatte Einzug gehalten im Buschhof.

Aber es währte nicht lange. Denn der Erste Weltkrieg erreichte auch die Kolonien. Der Krieg machte vor dem Buschhof nicht Halt. Feindliche britische Soldaten nahmen ihn ein. Die Familie wurde auseinandergerissen. Eduards Frau und Kinder wurden in einem Lager in Deutsch-Ostafrika interniert. Eduard hingegen wurde nach Ägypten in ein Gefangenenlager deportiert. Dort verbrachte er drei lange Jahre. „Eduard schrieb gegen die Verzweiflung an und ließ seiner Fantasie freien Lauf. Er brachte seine Lebensgeschichte zu Papier, schrieb Theaterstücke, die auch zur Aufführung kamen und außerdem eine fantastische Geschichte, die in die Geisterwelt führt.“
1919 kam der Auswanderer frei. Er schlug sich bis nach Vorarlberg durch. In Tisis lebte eine Tante von ihm. Dort kam es zu einem Wiedersehen mit seiner Frau und seinen Kindern. Der Familienvater fragte sich, wie er wieder zu Geld kommen könnte. „Er begann einfache Holzschuhe herzustellen, die er auf Märkten verkaufte. Innerhalb von drei Jahren hatte er so viel Geld verdient, dass er ein Haus kaufen konnte. Zwei Jahre später verkaufte er dieses mit Gewinn.“

Nach fünf Jahren in Tisis wanderte der „Schuhmacher“ im Jahr 1924 mit seiner Familie nach Argentinien aus. „Kurz nach der Ankunft geriet die einfache Unterkunft der Familie Fritz in Brand. Dabei kam der jüngste Sohn ums Leben. Josef wurde nur ein Jahr alt.“ Eduard, der unerschütterlich an Gott glaubte, ließ sich auch durch diesen Schicksalsschlag nicht unterkriegen, zumal ihm seine Frau einen Monat später ein neuntes Kind schenkte. Der erfahrene Farmer erwarb Land in einer nördlichen Provinz und brachte es zu einem bescheidenen Wohlstand. 1951 starb „Don Eduardo“ 86-jährig an Altersschwäche.