Krise im Kleinwalsertal: Letzter Hausarzt fällt aus

Die Situation sei für die Bevölkerung untragbar, sagt der Mittelberger Bürgermeister Andi Haid. Auch andere Orte in Vorarlberg suchen Kassenärzte.
Schwarzach Das Kleinwalsertal hat keinen Hausarzt mehr. Nachdem ein Allgemeinmediziner im ersten Halbjahr das Handtuch geworfen hat, gibt es zwar noch eine Ordination. Doch auch diese ist nun unbesetzt. Der letzte in der Region verbliebene Hausarzt fällt verletzungsbedingt aus. Bürgermeister Andi Haid spricht von einer untragbaren Situation für die Bevölkerung.

Die Suche nach Allgemeinmedizinern im Kleinwalsertal läuft seit Jahren. Vier Kassenplätze stehen zur Verfügung, drei davon sind unbesetzt. Die Pläne für das bislang gescheiterte Ärztehaus sollen neu aufgesetzt und zeitnah umgesetzt werden, berichtet Haid von einem Gespräch mit der aks Gesundheit GmbH. Diese habe ein Modell für eine Primärversorgungseinheit präsentiert, die am Standort der ehemaligen Molkerei in Hirschegg entstehen soll.

Offene Stellen in Vorarlberg
Das Kleinwalsertal ist nicht die einzige Region, in der Ärzte fehlen. Röthis und Feldkirch benötigen je einen Allgemeinmediziner. In Rankweil und Bregenz wird ein Augenarzt bzw. ein Dermatologe gesucht. Die weiteren 341 Kassenstellen in Vorarlberg – für Fachärzte und Allgemeinmediziner – sind besetzt. Darauf ausruhen kann sich die ÖGK aber nicht, wie der Landesstellenvorsitzende Manfred Brunner weiß. “In den kommenden fünf Jahren erreichen 90 der rund 350 Vertragsärzte das Pensionsalter.” Wer davon tatsächlich den Ruhestand antrete, sei aber unklar. “Ihr Vertrag kann laufen, bis sie 70 Jahre alt sind.” Brunner ist optimistisch, dass die Nachfolgesuche für die 90 Ärztinnen und Ärzte erfolgreich sein wird. “Zum Vergleich: Seit Jänner 2020 haben wir 121 Ärztinnen und Ärzte unter Vertrag genommen.”
Kassenstellen in Vorarlberg
Derzeit zählt die ÖGK 163 Kassenstellen für Allgemeinmedizin sowie 185 für Fachärztinnen und Fachärzte. Seit 2020 hat die ÖGK nach Angaben von Landesstellenleiter Manfred Brunner rund 15 neue Stellen geschaffen.
Man werde es sicher schaffen, die offenen Stellen mittelfristig nachzubesetzen, auch wenn sie mehrfach ausgeschrieben worden seien, sagt der Landesstellenvorsitzende. In solchen Fällen zahle die ÖGK gewillten Medizinern eine Standortförderung von 44.000 Euro. Das aks unterstütze alle bei der Praxisgründung.
Pendeln nach Deutschland
Auch im Kleinwalsertal will das aks tätig werden. Die Pläne für das neue Ärztehaus sind zwar noch nicht finalisiert, allerdings wolle das aks Bau und Betrieb übernehmen, berichtet Bürgermeister Haid. Er hofft, dass das Interesse von Ärztinnen und Ärzten steigt, wenn eine Primärversorgungseinheit in Aussicht steht. Übergangsmöglichkeiten gebe es ebenso, verweist Haid auf Räumlichkeiten in einer ehemaligen Praxis in Hirschegg. “Vorübergehend könnten wir auch im Sozialzentrum Flächen zur Verfügung stellen.”

Bis neue Ärzte gefunden sind, müssen die Kleinwalsertaler etwa nach Oberstorf oder Fischen in Deutschland. Hierfür gibt es von der ÖGK ein eigenes Verrechnungsabkommen. Eine Dauerlösung ist das nicht, sagt Haid. Vor allem mit Blick auf die Wintersaison brauche es mindestens zwei Mediziner im Kleinwalsertal. Die Ärztekammer werde in der kommenden Woche zwei offene Stellen ausschreiben. Die Gemeinde arbeite mit dem aks daran, die Akquise über weitere Kanäle zu stärken.
Ruf nach Ausbau
In der ÖGK hofft man auf weitere Kassenstellen. “Im Zuge des Finanzausgleichs haben wir in Vorarlberg vier zusätzliche Stellen bekommen”, berichtet Brunner. Drei davon sind besetzt. Der Landesstellenleiter fordert vom Bund, das Versprechen nach weiteren acht bis zehn neuen Kassenstellen im Land einzulösen. “Wir haben großen Bedarf in der Psychiatrie und der Allgemeinmedizin.” Die Personalsuche geht weiter. Nicht nur im Kleinwalsertal.
Unbesetzte Kassenstellen
1 Stelle für Allgemeinmedizin in Röthis
1 Stelle für Allgemeinmedizin in Feldkirch
1 Stelle für Dermatologie in Bregenz
1 Stelle für Augenheilkunde in Rankweil
3 Stellen für Allgemeinmedizin in Mittelberg
Bereits vergeben sind eine Stelle für Allgemeinmedizin in Wolfurt und eine Stelle für Orthopädie in Lingenau. Der Praxisstart erfolgt erst.
Drei der vier vom Bund zusätzlich zur Verfügung gestellten Kassenstellen sind besetzt im Bereich der Allgemeinmedizin, Psychiatrie und Dermatologie.