Die wahren Abenteuer sind im Kopf

Vier neue Ausstellungen im Künstlerhaus Palais Thurn & Taxis.
Bregenz Die Berufsvereinigung Bildender Künstlerinnen und Künstler Vorarlbergs öffnet nach der Sommerpause ihre Pforten. Gezeigt werden Positionen von Kirsten Borchert, Regina Zachhalmel, Eric Kressnig und Lucas Dietrich. Dietrich, 1978 in Vorarlberg geboren, lebt und arbeitet in Berlin und präsentiert unter dem Titel “100 Heads” einen Querschnitt gezeichneter und gemalter Köpfe, die in den letzten zehn Jahren entstanden sind. Ein Sammelsurium der besonderen Art, mal genügen einzelne Tuschestriche, mal die ganze Farbpalette pastos aufgetragener Acrylfarben, dann wieder collagiert und sogar animiert. Dem Betrachter eröffnet sich ein schier unerschöpfliches Reservoir an Farben und Formen, leichtfüßig, plakativ und spielerisch, ungemein musikalisch, oszillierend zwischen den Masken eines James Ensor und den Porträts eines Arcimboldo; eine Partitur für die Sinne, die Lust auf mehr macht.

Ganz im Gegensatz zu den „strengen Formen“ der Arbeiten von Eric Kressnig oder Kirsten Borchert, die im Erdgeschoß bzw. in den Kellerabteilen und im 1. OG zu sehen sind. Borchert, 1986 in Oberhausen geboren, unterrichtet an der Akademie der Bildenden Kunst in Wien die Klasse für Siebdruck – ist eine Meisterin ihres Fachs. Unprätentiös überträgt sie die von ihr geschaffenen modularen Systeme nicht nur in großformatige Arbeiten (Siebdruck auf Büttenpapier), sondern verwandet ihre Grundelemente (typografische Zeichen, Logos etc.) in dreidimensionale Gebilde (zugeschnittene MDF-Platten), u. a. spielt sie mit den Buchstaben „THEND“, früher im Abspann eines jeden Films zu sehen, jene Floskel, die als Platzhalter für die namenlose Lähmung oder auch Erfüllung steht in Form von Klappfiguren, deren Gestalt unbeständig ist, der Besucher kann sie für sich manipulieren und damit sein eigenes Ende formulieren. An den Wänden Arbeiten, ausgeschnitten und ineinander gefaltetes, auf den ersten Blick monochromes Siebdruckpapier von nahezu sakral anmutender stiller Größe. Ob nun als Kreuzwegstation oder als geheimnisvoller Code, poetische Gebilde, die die Lesbarkeit negieren und wundersame Bilder in den Köpfen der Betrachter entstehen lassen.

Der 1973 in Klagenfurt geborene Eric Kressnig hingegen bedient sich eines abstrakt-minimalistisch-konkreten Formenvokabulars. Seine Formen sind streng geometrisch, seine Farbpalette fein differenziert. Sein Maß ist neben dem metrischen System das eigene Körpermaß. Allein damit unterläuft Kressnig den strengen Formalismus von Konstruktivismus und Minimal Art, der auf einem minutiösen Regelwerk, auf absoluter Ästhetik und Perfektion beruht. Kressnigs Werk verweigert sich jeder Begrifflichkeit. Seine Arbeiten sind von starken Kontrasten geprägt: einerseits die differenzierte, punktgenaue Farbigkeit, die Gegenständlichkeit, andererseits eine tiefe, fast meditative Auseinandersetzung mit Raum und Form. Kressnigs Kunst ist anspruchsvoll. Regina Zachhalmel, 1963 in St. Pölten geboren, arbeitet konzeptuell, wobei Materialität eine wesentliche Rolle spielt. Ihre Arbeiten hinterfragen traditionelle Kunstkategorien wie Materialität, Form und Wert. Sie arbeitet häufig mit Textilien und Alltagsmaterialien, die sie zerlegt und neu zusammensetzt, um ästhetische Transformationen zu schaffen. Dabei stehen Prozesse wie das Auftrennen von Kleidungsstücken oder das Übermalen im Vordergrund, wodurch das Ausgangsmaterial einen neuen künstlerischen Kontext erhält.
Thomas Schiretz
Künstlerhaus Palais Thurn & Taxis, Bregenz
Kirsten Borchert „alles neu“
Regina Zachhalmel „No moral Tales“
Eric Kressnig „von Ost und Western“
Lucas Dietrich „100 Heads“
Dauer der Ausstellung bis 17.11.2024