Katerstimmung in der Hauptstadt

Eigentlich war alles angerichtet. Doch aus der großen Wahlparty für Kamala Harris wurde nichts. Eine Reportage aus Washington.
Washington Die Howard Universität in Washington DC ist an diesem Abend ein besonderer Ort. Kamala Harris erkor ihre ehemalige Universität zu ihrem Headquarter aus – inklusive großer Wahlparty. Doch was an diesem Dienstag mit der Party begann, endete in Katerstimmung. Um kurz nach Mitternacht war klar: Kamala Harris wird nicht mehr zur Menge sprechen. Zu diesem Zeitpunkt sind allerdings viele schon gar nicht mehr da. Diese Szene markiert das Ende eines langen Wahltages in der Hauptstadt der USA.

Schon den ganzen Tag ist Washington im Wahlfieber. Das Weiße Haus ist weiträumig abgesperrt, auf der Wiese davor und dahinter wechseln sich internationale und nationale Kamerateams ab. Dazwischen finden sich einige Demonstranten. Ein Mann trägt ein Holzkreuz auf der Schulter und betet. Auf der anderen Seite des Washington Memorials dasselbe Bild: Absperrungen und viel Polizei. Wer mit den Menschen spricht, erhält an diesem Tag zwei Antworten. Entweder sie möchten nicht über Politik reden – oder sie befürchten, dass Donald Trump wieder Präsident wird.

In der Hauptstadt hat Trump einen schwierigen Stand. Mehr als 80 Prozent wählen Harris. Dennoch kennen die Menschen ihr Land: Sie trauen ihren Landsleuten zu, Trump zu wählen. Es wird Nachmittag. Vor den Wahllokalen bilden sich lange Schlangen. Menschen möchten ihre Stimmen abgeben. Unter den überwiegend Harris-Fans herrscht noch gelöste Stimmung. Und dann geht es los.

In den USA gibt es keine Bar ohne Fernseher. Meistens sind es mehrere, die normalerweise abwechslungsweise Basketball, Football, Baseball oder Eishockey zeigen. Nicht an diesem Abend. Überall läuft einer der großen Nachrichtensender, meistens CNN oder ABC. Die Menschen starren gebannt auf die Bildschirme, immer wieder schalten die Sender auch zu ihren Reportern an die Howard Universität.

20 Uhr. Massen pilgern zur Universität. Die Straßen sind weiträumig abgesperrt – die Polizei hat städtische Lkw quer über die Straßen geparkt. Man hört Musik, links und rechts sind Kamala-Harris-Fanshops aufgebaut worden. Vor allem junge, schwarze Fragen sind da. Nachdem man einen Sicherheitscheck wie am Flughafen absolviert, erreicht man den großen Campus. Tausende Menschen schwenken USA-Fahnen, singen und tanzen zu lauter Musik und feiern jede gute Nachricht für Harris, die auf einem der vielen großen Bildschirmen aufscheint. Immer wieder werden emotionale Reden gehalten. Doch von Minute zu Minute kippt die Stimmung. Und als um 23 Uhr CNN neue Ergebnisse einblendet, machen sich viele auf den Weg nach Hause. Was mit großer Euphorie begonnen hat, wandelt sich spätestens zu diesem Zeitpunkt in Resignation. Wieder setzen sich Massen in Bewegung, allerdings in die andere Richtung. In der Ubahn auf dem Heimweg schütteln Menschen ungläubig den Kopf. Viele können es nicht fassen. Hier in Washington hat man keine Freude mit einem Präsidenten Trump. Aber manche klammern sich immer noch an den letzten Strohhalm: Ausgezählt ist noch nicht komplett. Doch an Wunder glaubt auch niemand mehr.
