Niedrigpegel am Bodensee stellt Schifffahrt vor Herausforderungen und ermöglicht unkonventionelle Arbeiten

Das trockene Wetter hält Kapitäne und Baggerfahrer auf Trab.
Bregenz Die Pegelmessstelle beim Bregenzer Hafen zeigt am Freitagvormittag 281 Zentimeter an. „An den Kalkablagerungen an den Dalben sieht man, wo das Wasser einmal gestanden ist“, verdeutlicht Kapitän Michael Mathies. Im Vorjahr zur selben Zeit war der See hier 361 Zentimeter hoch, der Höchststand lag bei 515 Zentimetern (11. Juni) und damit um gut zwei Meter über dem aktuellen Pegel.

Die Weiße Flotte ist am Palmsonntag in die Saison gestartet. Michael Mathies arbeitet seit 26 Jahren bei der Schifffahrt. Einen ähnlich niedrigen Wasserstand wie derzeit habe es in all den Jahren immer wieder einmal gegeben. „Ich habe schon ein paar Mal erlebt, dass man zum Beispiel Bugausstiege benutzt hat. Aber es kommt nicht so oft vor, und es ist schon wirklich lange her“, ergänzt der Schiffskapitän.

Generell fahre man bei diesem Pegelstand eher vorsichtig. „Das Fahrverhalten verändert sich merkbar. Wenn du wenig Wasser unterm Kiel hast, reagiert auch alles ein bisschen träger“, erläutert Mathies. Für die Fahrgäste seien die Auswirkungen durch das Niedrigwasser bis auf ein paar Ausnahmen aber kaum spürbar. „Langenargen fahren wir aktuell nicht an. In Lindau fahren wir rückwärts aus dem Hafen hinaus. In Nonnenhorn müssen alle über den Bug ein- bzw. aussteigen und von den Landestellen fahren wir rückwärts wieder ab, damit wir mit dem Antrieb eher im tieferen Wasser bleiben“, nennt der Kapitän Beispiele. Da die Manöver mehr Zeit brauchen, seien Verzögerungen möglich. „Aber mit der Austria können wir einiges kompensieren und sind relativ pünktlich“, fügt er an.

Wenige Hundert Meter weiter, neben dem Festspielhaus, sitzt Bernhard Weiss von Weiss Erdbewegungen unten am Wasser in einem kleinen Bagger. In den vergangenen Tagen hat er die Einfahrt zum Gondelhafen beim Wirtshaus am See ausgebaggert. Insgesamt sind seit Montag knapp 300 Kubikmeter Schlamm zusammengekommen. „Es ist schon viel weg“, bemerkt Weiss. Der Bagger und ein kleiner Kipplader wurden mit dem Mobilkran über die Ufermauer hinuntergehoben. Da das Wasser so niedrig ist, ist es möglich, zum Hafen hinüberzufahren.



Der derzeitige Pegel ermöglicht Arbeiten, die sonst nicht möglich wären. Das bekommen auch die Bauhofmitarbeiter zu spüren, die gerade im Bereich des Festspielhauses die Ufermauer sanieren. “Wir machen die Löcher zu”, erklärt Goran Isaijevic.

Am Donnerstag und Freitag sei der See bereits wieder ein paar Zentimeter gestiegen, berichtet Kapitän Michael Mathies. „In der Schweiz hat es im Bereich des Rheinzulaufs ordentlich geregnet. Das merkt man mit etwas Zeitverzögerung am See. Nichtsdestotrotz haben wir immer noch wenig Wasser. Aber bisher ist das Wasser immer irgendwann gekommen“, sagt er und lacht.

Historische Wasserstände 1864 – 2024
Niederstand 15. Februar 2006: 231 cm
Höchststand 3. September1890: 581 cm