Leserbrief: Wie viele Lämmer braucht der Wolf?

Die Rückkehr des Wolfs wird gern als Triumph der Natur gefeiert. Doch auf den Almen sieht die Realität anders aus: gerissene Tiere, verängstigte Hirten, aufgegebene Weideflächen. Wer hier von “Herdenschutz” spricht, hat kaum eine Vorstellung vom Gelände – oder verdrängt, was dort geschieht. Selbst Reinhard Haller, der nicht nur einen ausgezeichneten Ruf als Primar der Psychiatrie genießt, sondern auch als Bergkenner und engagierter Naturschützer gilt, warnt vor einem romantisierenden Blick, der den Wolf verklärt und die Sorgen der Betroffenen an den Rand drängt. Beim Steinbock hat man gezeigt, dass Artenschutz und Regulierung vereinbar sind. Beim Wolf jedoch herrscht – trotz jüngster europäischer Lockerungsbestrebungen – noch immer Scheu vor klaren Entscheidungen. Warum eigentlich? Niemand fordert Ausrottung. Aber wer dem Wolf Raum gibt, muss auch Verantwortung übernehmen – gegenüber jenen, die täglich mit den Folgen leben. Die Frage ist nicht, ob wir handeln müssen. Sondern: Wie viele Lämmer braucht es noch, bis man es tut?
Hans Mohr, Dornbirn