Umweltlandesräte steigen auf die Barrikaden
Grüne Landesräte aus fünf Bundesländern wehren sich gegen
Gesetzesänderungen.
Wien, Bregenz. Die Umweltverträglichkeitsprüfung, kurz UVP, hat schon so manchen Projektbetreiber zur Verzweiflung getrieben. Seilbahnen, Autobahnraststätten oder Stadttunnel – die UVP ist bei Proponenten gefürchtet, bei Kritikern beliebt. Schließlich ist sie jenes Instrument, das Projektgegnern ermöglicht, im Genehmigungsverfahren Stellung zu beziehen. Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) hat am Montagabend mehrere Gesetzesänderungen in Begutachtung geschickt. Unter dem Titel „Deregulierung und Entbürokratisierung“ sollen 18 Bundesgesetze geändert und sieben ganz gestrichen werden. Die Änderungen betreffen unter anderem die Landwirtschaft, das Wasserrecht und den Umweltbereich, zum Beispiel die UVP.
Offener Brief
Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl (ÖVP) ist sich sicher: „Damit werden bestehende Investitionsblockaden endlich gelöst.“ Umweltorganisationen wie Greenpeace und Global-2000 äußern hingegen Kritik. Nun melden sich auch die Länder. Den VN liegt ein offener Brief der fünf grünen Umweltlandesräte aus Kärnten (Rolf Holub), Oberösterreich (Rudi Anschober), Salzburg (Astrid Rösler), Tirol (Ingrid Felipe) und Vorarlberg (Johannes Rauch) vor. Sie ärgern sich über Inhalt und Fristen des Gesetzes. Rauch spricht von etwas noch nie da Gewesenem.
Er iniitierte den Brief, weil: „Den Gemeinden wird das Mitspracherecht beim UVP-Verfahren genommen. Zudem müssen NGO, die Stellung beziehen, ihre Spenden offenlegen.“ Auch die Möglichkeit, Projekte zu stückeln, um einer UVP aus dem Weg zu gehen, soll wieder eingeführt werden. „Und wer in zweiter Instanz neue Sachverhalte darlegen will, kann mit dem Vorwurf der Verzögerungstaktik abgewiesen werden“, ärgert sich Rauch. Dies widerspreche europäischer Gesetzgebung.
150 Seiten in sechs Tagen
Die Landesräte schreiben in ihrem Brief: „Eine Reihe von geplanten Änderungen unter dem Deckmantel Deregulierung und Entbürokratisierung bedeutet eine Aushöhlung der Umweltgesetzgebung.“ Was den Landesräten besonders aufstößt, ist aber formeller Natur. Am 17. Oktober erreichte die Länder das 150 Seiten dicke Gesetzeskonvolut. Bis 24. Oktober haben sie Zeit, Stellung zu beziehen. Sechs Tage. „Das hat es in dieser Form überhaupt noch nie gegeben. Überfallsartige Änderungen sind meistens einem schlechten Gewissen geschuldet“, stellt Rauch fest. Er hoffe, dass zumindest die Begutachtungsfrist verlängert wird. Auch innerhalb der Bundesregierung sorgte der Entwurf für Zwist.
In der Frage, ab wann ein Wald ohne Genehmigung gefällt werden darf, machte Rupprechter nach SPÖ-Protesten einen Rückzieher. Die Grenze liegt nun wieder bei 1000 Quadratmetern und wurde nicht, wie geplant, auf 5000 Quadratmeter angehoben.