General, Massenmörder, Held

Ratko Mladic geht als „Schlächter vom Balkan“ in die Geschichte ein.
schwarzach Er gilt als Hauptverantwortlicher für die schwersten Verbrechen, die während des Bosnienkrieges von 1992 bis 1995 begangen wurden. Er ist aber auch Ehemann sowie Vater eines Sohnes und einer Tochter. Heute ist Ratko Mladic ein alter Mann, der eine lebenslange Haftstrafe verbüßen muss.
Er kam am 12. März 1943, mitten im Zweiten Weltkrieg, in der kleinen ostbosnischen Gemeinde Bozanovici zur Welt. Sein Vater Nedja kämpfte als Partisane gegen Nationalsozialisten und Ustascha – kroatische Faschisten.
Ratko Mladic entschied sich für eine militärische Laufbahn. Die Jugoslawische Militärakademie in Belgrad schloss er mit Bravour ab. Bei der JNA (Jugoslawische Volksarmee) ging es für den Kommunisten steil bergauf. Als 1991 der Jugoslawienkrieg in Slowenien und kurz darauf in Kroatien ausbrach, wurde er vom Generalstab in Belgrad in die zu Kroatien gehörende Krajina geschickt, um dort der serbischen Minderheit zu Hilfe zu kommen. Im Mai 1992, als sich der Krieg nach Bosnien verlagert hatte, wurde Mladic zum Chef der bosnisch-serbischen Armee ernannt.
Von Anfang an sagte der General, er werde die bosnische Hauptstadt Sarajevo den Serben als Trophäe übergeben. Seine Truppen umstellten die Stadt und beschossen sie mit Granaten. Vom Himmel fielen Bomben. Scharfschützen zielten auf Menschen, die um Brot anstanden, die Wasser holten. Auch Kinder wurden abgeknallt. Im Juli 1995 befahl Mladic den Massenmord in Srebrenica, dem rund 8000 muslimische Männer und Buben zum Opfer fielen. Seine Befehle rechtfertigte Mladic mit der Aussage: „Ich verteidige lediglich meine Heimat.“
Durch die Unterstützung der JNA waren Mladics Truppen den bosnisch-kroatischen Verteidigungskräften (HVO) und der bosnisch-muslimischen Armee (ABiH) haushoch überlegen. Unter Mladics Führung gelang es den Serben, 70 Prozent von Bosniens Territorium zu halten. Dabei stellten sie damals lediglich ein Drittel der Bevölkerung des Landes.
Während Mladic mit Serbiens Präsident Slobodan Milosevic freundschaftlich verbunden war, kam er mit Radovan Karadzic, dem politischen Anführer der bosnischen Serben, nie zurecht. Mladic, Militär durch und durch, und Karadzic, der Psychiater und Dichter – das passte nicht zusammen. Karadzic misslangen alle Versuche, den verhassten General loswerden. Mladic hingegen wollte nur eines: den Feind besiegen. Dazu kam es jedoch nicht. Im Sommer 1995 begann die Nato, serbische Stellungen zu bombardieren und zwang damit die Serben zum Rückzug.
Nach dem Ende des Bosnienkrieges blieb Mladic im Dienst der serbischen Armee. Während Karadzic 2016 vom Haager Tribunal zu 40 Jahren Haft verurteilt wurde, entging Mladic der Inhaftierung nach der Anklage vom 24. Juli 1995 bis zu seiner Auslieferung 2011. Bis zur Urteilsverkündung sind weitere sechs Jahre vergangen.
Häme für die Opfer
Trotz der schweren Verbrechen, die ihm zur Last gelegt werden und für die er gestern zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, wird Ratko Mladic in seiner Heimat als Held und Idol verehrt. Eine Häme für die Opfer, denn für deren Angehörige fühlt sich das Leid heute noch genauso schwer wie damals, vor 22 Jahren, an. Die Zeit heilt nicht alle Wunden.