Lehre scheitert oft an der Sprache

142 Asylwerbern wurde eine Mangelberufslehre bewilligt. Die Abbrecherquote ist hoch.
Wien Der Dachdecker, der Maurer, der Koch und der Tischler teilen ein Schicksal. Es gibt zu wenige von ihnen. Ihre Berufsgruppen befinden sich daher auf der Lehrlingsmangelberufsliste des AMS Vorarlberg. Diese zeigt, in welchen Bereichen die Wirtschaft nach Fachkräften sucht. Asylwerbern unter 25 Jahren, die seit mindestens drei Monaten in einem Asylverfahren stehen, ist es erlaubt, hier eine Ausbildung zu starten. 142 haben in Vorarlberg von 2015 bis März 2018 eine Bewilligung für eine Mangelberufslehre erhalten. Rund 80 sind noch in Ausbildung. Etwa 60 haben die Lehre abgebrochen, in Einzelfällen sei es auch zu Abschiebungen gekommen, berichtet Anton Strini (63), Flüchtlingskoordinator des Landes Vorarlberg. Die „nicht niedrige“ Misserfolgsquote sei aber nicht auf eine Null-Bock-Generation unter den jungen Flüchtlingen zurückzuführen, sondern auf ein strukturelles Problem.
Denn die Asylwerber erhalten zu ihrer Lehre nicht automatisch zusätzliche Unterstützung. Diese würden sie für den Spracherwerb und vor allem für ihren schulischen Erfolg aber brauchen, meint Strini. Während die Betriebe in der Regel mit den Jugendlichen sehr zufrieden seien, scheiterten sie meist in der Berufsschule. Grund dafür sind Deutschschwierigkeiten. „Das frustriert natürlich“, meint der Flüchtlingskoordinator. Er fordert daher, dass Asylwerber, die in eine Lehre einsteigen, ein gewisses Deutschniveau beherrschen sollten. Dann wäre die Abbrecherquote vermutlich geringer. In den Berufsschulen in Bregenz und Feldkirch würden bereits Pilotprojekte mit Deutschförderunterricht laufen. Diese sollen nun auf weitere Berufsschulen ausgeweitet werden. Zumindest sei das im Gespräch, berichtet Strini.
Gleichzeitig fordert der Flüchtlingskoordinator, dass Lehrlinge ihre Ausbildung auch trotz negativem Asylbescheid abschließen dürfen. Entweder sie werden erst danach außer Landes gebracht, was ein Beitrag zur Entwicklungshilfe wäre, oder man dulde sie als Fachkräfte im Land. Davon würde die heimische Wirtschaft profitieren. Am besten wäre es, diese Frage über eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte zu regeln, meint Strini. Das fordert auch die Wirtschaftskammer. Den Betreffenden müsse nach Abschluss der Lehre ein Umstieg auf einen entsprechenden Aufenthaltstitel ermöglicht werden, meint der scheidende Präsident Christoph Leitl. So würde dem Dachdecker, Maurer, Koch und Tischler eine Chance gegeben, zumindest ein bisschen weniger Mangelberuf zu sein. VN-ebi
bewilligte Lehrstellen
Bewilligungen Von 2015 bis Ende März 2018 wurde 1322 Asylwerbern eine Lehrlingsbeschäftigungsbewilligung erteilt, 142 in Vorarlberg. In Relation zur Bevölkerung liegt das Land damit an der Spitze. In absoluten Zahlen wurden in Oberösterreich am meisten Bewilligungen ausgestellt, nämlich 475, gefolgt von Tirol (191), Salzburg (188) und der Steiermark (157). In Wien erhielten von 2015 bis Ende März dieses Jahres 87 Asylwerber eine Lehrlingsbeschäftigungsbewilligung, in Niederösterreich 43, in Kärnten 31 und im Burgenland neun. Das ergibt eine Antwort des Sozialressorts auf eine Neos-Anfrage.
Geschlechterunterschied Deutlich mehr Lehrlingsberechtigungen entfallen auf männliche Asylwerber. Von den 1322 waren es 1256. 66 Berechtigungen gingen an Frauen. In Vorarlberg waren es zwei von 142.
Berufsfelder Mehr als die Hälfte der Bewilligungen wurden für die Berufe Koch und Kellner ausgestellt. Österreichweit waren es 588 für Köche und 135 für Kellner. Friseure, sonstige Händler, Elektroinstallateure und -monteure liegen ebenso auf den vorderen Plätzen.