Schicksalswahl in Israel

Netanjahu und Gantz waren wichtigste Herausforderer. Wahlsystem mit Eigenheiten.
jerusalem Die Israelis haben am Dienstag landesweit ihr neues Parlament gewählt. Rund 6,3 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, die 120 Mitglieder der Knesset in Jerusalem neu zu bestimmen. Die mehr als 10.700 Wahllokale waren bis 21 Uhr geöffnet. Die wichtigsten Punkte zur Wahl in Israel:
Die Herausforderer: Der Ex-Militärchef Benny Gantz (59) war für den seit zehn Jahren amtierenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu (69) der stärkste Herausforderer. Während der rechtskonservative Netanjahu seine Machtbasis retten wollte, rief Gantz vom Bündnis Blau-Weiß zu Veränderung auf. Er lag bereits in den meisten Umfragen vor der Wahl vorn. Es gilt jedoch als fraglich, ob Gantz für eine Regierungsbildung genug Partner mit ins Boot holen könnte. Er braucht eine Mehrheit von mindestens 61 der 120 Abgeordneten im Parlament. Der Block rechter und religiöser Parteien ist eher Netanyahu zugeneigt und insgesamt stärker als die Parteien der Mitte und des linken Lagers.
Die Korruptionsklage: Israels Generalstaatsanwalt will in drei Fällen wegen Korruption Anklage gegen Netanyahu erheben. Es geht um Bestechlichkeit, Untreue und Betrug. Vor einer endgültigen Entscheidung, ob der Regierungschef wirklich vor Gericht muss, hat noch eine Anhörung zu erfolgen. Netanyahu weist alle Vorwürfe zurück. Offen ist, was passiert, sollte Netanyahu Regierungschef bleiben und angeklagt werden. Formell wäre er nicht zum Rücktritt gezwungen.
Das Wahlsystem: Der Ministerpräsident wird in Israel nicht direkt gewählt. Die Wähler geben ihre Stimme für eine von rund 40 Listen ab. Wer davon die Sperrklausel von 3,25 Prozent schafft, kommt ins Parlament in Jerusalem, die Knesset. Mit der Regierungsbildung wird üblicherweise der Vorsitzende der größten politischen Kraft vom Präsidenten beauftragt.
Arabische Parteien: Bei der Wahl traten zwei vorwiegend arabische Parteienbündnisse an, die dem linken Lager zugerechnet werden. Arabische Parteien werden in Israel traditionell nicht als legitime Koalitionspartner angesehen, weil sie mehrheitlich den jüdischen Charakter des Staates ablehnen. Sie waren nie Teil einer Regierung und auch das Mitte-Bündnis Blau-Weiß von Ex-Militärchef Benny Gantz lehnt eine Koalition mit ihnen ab.
Versteckte Kameras: Mitglieder von Netanjahus Likud-Partei sorgten mit heimlichen Kameraaufnahmen in arabischen Wahllokalen für Empörung. Auf online veröffentlichten Videos ist offenbar zu sehen, wie Likud-Mitglieder mit am Körper getragenen Kameras erwischt wurden. Netanjahu wies jede Kritik zurück und sagte, die Aufnahmen sorgten für saubere Wahlen.