Lange Atempause für Theresa May

Der Brexit geht schon wieder in die Verlängerung. Die Briten bleiben noch länger in der EU.
LONDON Freitag, 29. April 2019 – damit ist nun schon der zweite Brexit-Termin ergebnislos verstrichen und das Vereinigte Königreich ist nach wie vor Mitglied der EU. Theresa May ist zum so und so vielten Mal nach Brüssel gepilgert, diesmal jedoch auffälligerweise in einem knallig europablauen Deux-Pieces, ganz ähnlich wie die Queen vor einigen Monaten das Parlament in einem blauen Hut mit gelben Tupfen eröffnet hatte. Damenbekleidung ist nie Zufall.
Flexit und Hexit
Erreicht hat dort May den “Flexit” – einen weiteren, flexiblen Aufschub, bis zum 31. Oktober. Falls aber das Unterhaus nun doch endlich das von ihr ausgehandelte Brexit-Abkommen annimmt, kann der EU-Austritt sofort erfolgen. Der Stichtag ist ominös: Halloween – ursprünglich ein keltisches Ritual, mit dem die Wintergeister gebannt werden sollten. Sofort machte das neue Schlagwort “Hexit” die Runde.
Als Mays schärfster Antagonist stellt sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gegen die Fristerstreckung. Denn diese bewirkt Großbritanniens Beteiligung an den Europawahlen im Mai. Und da werden für Mays Konservative schwere Verluste prognostiziert, zugleich Gewinne für Labour sowie die extrem rechte UKIP. Dies aber würde das europafeindliche Lager von Macrons schärfster Gegnerin Marine Le Pen stärken und die Position dieses bekennenden Proeuropäers in künftigen französischen Wahlen schwächen, denn die Euroskepsis in allen Lagern Frankreichs nimmt dramatisch zu.
Alles noch offen
Doch nach wie vor ist alles offen: Wird Großbritannien tatsächlich austreten – und wann, und wie? Welches ist das künftige Verhältnis zur EU? Wird das vereinigte Königreich nun doch an den Europawahlen am 26. Mai teilnehmen? Wie soll das irische Grenzproblem gelöst werden? Man ist –eigentlich erstaunlich – nach all den Jahren seit dem verhängnisvollen Referendum von 2016 und den Zusatzfristen zur Zusatzfrist, den Antworten auf diese Schicksalsfragen für die britische Nation und für ganz Europa keinen Schritt nähergekommen. Lediglich das absurde Theater in Westmininster ist um einige Skurrilitäten reicher: Auf der Publikumsgalerie entblößten sich ein Dutzend Frauen und Männer bis auf die Unterhosen und wandten den ehrwürdigen Unterhaus-Abgeordneten als Stellungnahme zu Brexit ihre Kehrseite zu. Die herbeigeeilte Polizei war ratlos – gleichsam sybolisch für die Situation der Parlamentarier. Am Tag darauf mussten die ergebnislosen Sitzungen ohnehin unterbrochen werden, da es ins Unterhaus hereinregnete. Und bis nach Ostern läuft ohnehin nichts mehr, denn da sind Parlamentsferien angesagt.