Grünland in Ludesch wird neu aufgerollt

Richter des Verfassungsgerichtshofs in Wien stellen Vorarlberger Volksabstimmungsmodell in Frage.
Wien, Ludesch, Bregenz Wie bereits auf VN.at berichtet, wird sich der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Volksabstimmung in Ludesch zur Brust nehmen. So heißt es in dem 28 Seiten umfassenden Beschluss, der den VN vorliegt: „Der Gerichtshof hat beschlossen, die im Spruch bezeichneten Bestimmungen der Landesverfassung, des Gemeindegesetzes sowie des Landesvolksabstimmungsgesetzes von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit sowie die im Spruch genannte vorläufig als Verordnung des Bürgermeisters der Gemeinde Ludesch qualifizierte Kundmachung vom 26. August 2019 von Amts wegen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.“
Steht neues Volksvotum bevor?
Die Vorgeschichte: Im November 2019 hatten in einer Volksabstimmung 56 Prozent der stimmberechtigten Ludescher für den Erhalt der Freiflächen im Neugut votiert und sich damit gegen die Erweiterung der Unternehmen Rauch und Ball ausgesprochen. Der Erfolg bei der Abstimmung könnte sich für die Initiative Ludesch als Pyrrhussieg entpuppen. Auf den Plan gerufen hat die Höchstrichter eine im Dezember 2019 über Anwalt Sanjay Doshi eingereichte Anfechtung der Volksabstimmung durch 15 Privatpersonen. „Das Land wird in der vom Gerichtshof gesetzten Frist eine Stellungnahme abgeben. Es handelt sich hierbei um einen üblichen Verfahrensablauf“, nimmt Wirtschaftslandesrat Marco Tittler (VP) pragmatisch zur Kenntnis. „Dieser Beschluss bringt das Land tatsächlich gehörig unter Zugzwang. Und er packt allerlei mehr oder weniger gute Argumente aus, um das Vorarlberger Modell der Volksabstimmung in Gemeindeangelegenheiten in Frage zu stellen“, sieht Verfassungsexperte Peter Bußjäger hingegen schwere Zeiten aufs Land zukommen. Bußjäger weiter: „Und was besonders interessant ist: Die Richter gehen davon aus, dass die Entscheidung in der Volksabstimmung in der Weise verbindlich ist, dass sie nur durch eine neuerliche Volksabstimmung wieder beseitigt werden kann. Dies haben vorher manche anders gesehen.“
Direkte Demokratie bald beschnitten?
„Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der Gesetzesprüfung gehen wir von der rechtlichen Konformität der Volksabstimmung aus“, sagt Christoph Aigner von der Initiative Ludesch. „Wir tun das unter anderem deshalb, weil der Fragestellung der Volksabstimmung von der Gemeindewahlbehörde stattgegeben wurde und entsprechende Passagen im Gemeinde- und Landesvolksabstimmungsgesetz keinen Gemeindebeschluss verlangen. Wie zeitgemäß ist eine Bundesverfassung, die Elemente direkter Demokratie beschneidet?“
„Der Beschluss des Verfasssunsgerichtshofs bringt das Land gehörig unter Zugzwang.“
Peter Bußjäger, Verfassungsexperte