Warum Deutschland nur an manchen Grenzen kontrolliert

Politik / 17.04.2020 • 20:00 Uhr
Warum Deutschland nur an manchen Grenzen kontrolliert
Ein deutscher Polizist kontrolliert eine Autofahrerin. Die Einreise in das Land ist fast nicht mehr möglich. Niederländer oder Belgier haben es einfacher. REUTERS

Übergänge zu den Niederlanden und Belgien sind offen, jene zu Österreich nicht.

berlin Die meisten europäischen Länder haben im Zuge der Coronakrise ihre Grenzen für den Personenverkehr geschlossen. Neben Österreich kontrollieren auch die Nachbarländer Schweiz, Liechtenstein und Deutschland streng. Doch gerade in Deutschland ist die Situation kurios. Während Österreicher beispielsweise an der bayerischen Grenze abgewiesen werden, gilt das nicht für Niederländer oder Belgier in Nordrhein-Westfalen. An ihren Grenzen gibt es nach wie vor keine Kontrollen. Nur eine stärkere Überwachung im 30-Kilometer-Grenzraum findet statt.

Kontrolliert werde dort, wo es besondere Erfordernisse gebe und die betroffenen Bundesländer diese Maßnahmen unterstützen, sagte ein Sprecher des deutschen Innenministers Horst Seehofer. Das gilt etwa, wenn es in einem der Nachbarländer Coronavirus-Risikogebiete gibt. Was die Infektions- und Todesfälle angeht, stehen Belgien und die Niederlande aber nicht besser da als Österreich. Im Gegenteil. Nach Zahlen der Johns Hopkins Universität kommen die Niederlande am Freitagnachmittag seit Beginn der Krise auf mehr als 29.000 Infizierte und mehr als 3000 Tote, Belgien sogar auf über 36.000 Infizierte und über 5100 Tote. In Österreich haben sich nach dieser Zählweise insgesamt mehr als 14.500 Menschen mit dem Coronavirus angesteckt. Über 400 Menschen sind daran gestorben.

Euregio-Bodensee?

Trotzdem wehrt sich die nordrhein-westfälische Landesregierung gegen Grenzkontrollen zu Belgien und den Niederlanden. Auch in Niedersachsen bleiben die Grenzübergänge zu Holland offen. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet erklärte, dass die Menschen in der „Euregio-Region“ über Grenzen hinweg lebten. Eine Europa-Region ist auch die „Euregio-Bodensee“, bestehend aus Vorarlberg, Liechtenstein, einigen Schweizer Kantonen und deutschen Landkreisen. Die betroffenen Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern kontrollieren aber weiter. Auch die übrigen Mitglieder der „Euregio“ haben ihre Grenzen wieder hochgezogen.

In Rheinland-Pfalz regt sich bereits Widerstand. Ministerpräsidentin Malu Dreyer will das Gespräch mit Seehofer suchen, um über die Kontrollen an der Grenze zu Luxemburg zu sprechen. Für die österreichische Grenze gibt es keine solchen Signale. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hält an den Kontrollen fest.

“Es gibt bereits seit der Wiedereinführung der Grenzkontrollen ständige Gespräche des Landes Vorarlberg mit den zuständigen Stellen, um praktikable Lösungen zu finden”, heißt es von der Landespressestelle. So habe es Lockerungen bei der Tierversorgung und im familiären Kreis gegeben. Außerdem spreche das Innenministerium mit den zuständigen Stellen im Ausland über den kleinen Grenzverkehrs im Vier-Länder-Eck. Dieser sei auch für den Tourismus unverzichtbare Voraussetzung.

Grenzkontrollen: Wer weder deutscher Bundesbürger ist noch als Ausländer dauerhaft in Deutschland lebt, darf seit Mitte März nur noch wegen eines „triftigen Grundes“ einreisen – etwa als Berufspendler. Auch der Warenverkehr wird gewährleistet. Seit Karfreitag gilt zudem für alle Einreisenden eine grundsätzliche Quarantäne-Pflicht von 14 Tagen. Es gelten aber auch hier Ausnahmen für Warenverkehr und Berufspendler. Die Schweiz und Liechtenstein gehen ähnlich vor. Einreisen dürfen in die Schweiz Staatsbürger und Personen mit Aufenthaltstitel. Der Warenverkehr ist ausgenommen. Ausnahmen gibt es beispielsweise auch für die Fortsetzung einer medizinischen Behandlung oder Gerichtstermine. Einkaufstourismus ist streng untersagt.