Corona-App: “Gefahr der falschen Sicherheit”

Datenschützer sehen Stopp-Corona-App kritisch. Erste Zweifel auch in der Regierung.
Wien Niemand behauptet, dass mit Apps allein die Covid19-Pandemie besiegt werden kann. Aber viele setzen große Hoffnungen in sie. Infektionsketten können durchbrochen, Kontaktpersonen automatisch registriert und kontaktiert werden. Die Hälfte der EU-Staaten arbeitet an solchen Anwendungen.
Probleme für iPhones
In Österreich ist die Stopp-Corona-App längst auf dem Markt. VN-Informationen zufolge gibt es in der Bundesregierung aber erste Kritiker. Die Anwendung funktioniere nicht richtig, sei wenig professionell programmiert und müsse auf neue Beine gestellt werden. Ausreichend Experten gäbe es dafür. Mittlerweile haben sich mehrere Gruppen zusammengeschlossen, um eine Warn-App zu schaffen. Sogar Apple und Google arbeiten gemeinsam daran, die Erstellung und Veröffentlichung der Anwendungen zu erleichtern.
Die Stopp-Corona-App des Roten Kreuzes war in Europa die erste ihrer Art. Sie speichert Begegnungen und informiert Kontaktpersonen, sollte jemand in ihrem Umfeld Covid19-positiv sein. Die Menschen können sich entweder manuell verbinden – also per Knopfdruck von beiden Seiten – oder automatisch. Letzteres geschieht, wenn man mindestens 15 Minuten weniger als zwei Meter voneinander entfernt gewesen ist. Bei Handys mit Android-Betriebssystem läuft alles problemlos. Bei den iOS-Geräten lässt die App im Hintergrund keine automatische Verbindung zu. Wer ein iPhone hat, muss die Anwendung also ständig geöffnet haben.
Datenschützer loben, dass die Stopp-Corona-Entwickler Rücksicht auf den Datenschutz der Nutzer genommen haben. Standortdaten werden nicht verarbeitet, die Begegnungen mit Bluetooth und Mikrofon registriert. Letzteres muss aktiviert sein, um über Ultraschall-Signale die Nähe der Kontakte festzustellen.
“Unter US-Überwachungsgesetz”
Kritik gibt es aber auch: “Programmiert und betrieben wird die App von der globalen Beratungsfirma Accenture und der Dienst wird in der Microsoft Azure-Cloud gehostet, einem amerikanischen Unternehmen, das unter die US Überwachungsgesetze fällt”, schreiben die Datenschützer von Epicenter.Works. Die App berge außerdem die Gefahr, Menschen in falscher Sicherheit zu wiegen. Selbst wenn ein automatischer Austausch von Kontakten stattfinden würde, sei nicht garantiert, dass alle die Anwendung tatsächlich verwenden. Datenschutzexperte Christian Wirthensohn von der Dornbirner Kanzlei TWP macht auf das Sicherheitsrisiko beim “automatisierten Handshake” aufmerksam, für den Benutzer ihr Handy öffnen, um sich mit allen möglichen Geräten verbinden zu können.
Mehrere Experten am Werk
Das Rote Kreuz feilt weiter an seiner App. An einem Programm arbeitet auch das österreichische Expertenkonsortium “Novid20”, das auf Basis asiatischer Anwendungen eine eigene Software entwickeln will. Zudem werken 130 europäische Wissenschaftler und IT-Profis von PEPP-PT an einem Softwaregerüst, an das App-Entwickler andocken sollen. Hinter dem Gerüst steckt Potenzial, eine einheitliche Basis für die Dutzenden Coronaapps in Europa zu werden. Diese verfolgen schließlich alle das gleiche Ziel: die Pandemie zu besiegen.