Kaum Verstöße gegen Quarantäneregeln in Vorarlberg

Politik / 27.05.2020 • 09:00 Uhr
Kaum Verstöße gegen Quarantäneregeln in Vorarlberg
„Dass der Krankenstand kontrolliert werden kann, ist weit verbreitet und ganz normal”, sagt Innenminister Karl Nehammer.

Innenminister pocht auf polizeiliche Kontrollen. Regionale Coronaregeln seien vorstellbar.

Wien “Manchmal entsteht der Eindruck, dass wir Entscheidungsträger in einer abgekoppelten Welt leben und uns die Einschränkungen nicht betreffen”, sagt Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). So sei es aber nicht, fügt er im Gespräch mit den VN und den anderen Bundesländerzeitungen gleichzeitig hinzu. Das Coronavirus betreffe alle und die Einschränkungen auch. Merke er, dass ein Bundesland nicht alle vorhandenen Ressourcen dazu nutze, müsse er eben seine Stimme erheben.

So geschehen ist es in Wien, als Nehammer vor die Presse trat und der roten Bundeshauptstadt eine Ermahnung erteilte. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) forderte daraufhin einen Ordnungsruf von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ein. Man werde sich diesen Umgang nicht gefallen lassen. Das Hick Hack um die Stadt war perfekt.

Wien zählt knapp 165 Coronafälle je 100.000 Einwohner, Vorarlberg im Vergleich dazu rund 220. Bei den aktuell infizierten Personen hat die Bundeshauptstadt mit 429 Erkrankten und 60 Prozent aller akut Covid19-Infizierten in Österreich die Nase vorn. Die Fälle sind alle auf Cluster zurückzuführen. Sie hängen also zusammen und konzentrieren sich vorwiegend auf zwei Post-Verteilzentren und ein Flüchtlingsheim.

“Druck durch Kontrollen”

“Damit es nicht zu weiteren Neuinfektionen kommt, müssen die Isolierungsmaßnahmen eingehalten werden”, fordert Nehammer. Er hat Zweifel, dass dies in Wien funktioniert. Eine Kontrolle durch die Polizei sei in der Bundeshauptstadt nämlich nicht vorgesehen, auch wenn er eine solche angeboten habe. “Werden Quarantänemaßnahmen nicht ausreichend überwacht, ist der Druck zu gering. Die Menschen müssen das Bewusstsein haben, dass tatsächlich eine Polizeistreife kommt und Nachschau hält, ob man daheim ist.” In acht von neun Bundesländern werde dies praktiziert. “Das ist ähnlich wie beim Krankenstand. Dass er von der Gebietskrankenkasse kontrolliert werden kann, ist weit verbreitet und ganz normal.”

Absonderung eingehalten

Österreichweit wurden dem Innenressort 47.330 solcher Kontrollen gemeldet, sieben davon aus Vorarlberg. Manche Kontrollen seien im Zuge des Streifendienstes erfolgt und daher nicht exakt erfasst. Die Landespressestelle teilt auf VN-Anfrage mit, dass die Beiziehung der Polizei im Land in der Regel nicht erforderlich gewesen sei. “Die Kontrollen wurden in Zeiten des exponentiellen Anstiegs der Infektionszahlen systematisch organisiert und hauptsächlich von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bezirkshauptmannschaften durchgeführt.” Verstöße habe es nur in wenigen Fällen gegeben. “Grob geschätzt gehen wir von nicht mehr als 20 aus”, berichtet die Landespressestelle. Die meisten Fälle hätten Übertretungen von Quarantäneverpflichtungen nach der Einreise aus dem Ausland betroffen. “Die behördlichen Absonderungsbescheide wurden fast lückenlos eingehalten.”

Warum nicht privilegieren?

Eine weitere pandemische Ausbreitung müsse jetzt verhindert werden. Dies funktioniere nur, wenn Infektionsketten rasch erkannt, Betroffene isoliert und die Quarantänemaßnahmen kontrolliert würden. Angesichts der rückläufigen Infektionszahlen seien auch weitere Lockerungen möglich. Nehammer kann sich vorstellen, dass auch regional differenziert werden könnte. In Kärnten gibt es zum Beispiel nur noch einen Covid19-Patienten, während es in Niederösterreich noch 126 sind. “Warum sollen wir nicht darüber nachdenken, jene Bundesländer oder Regionen mit geringeren Fallzahlen zu privilegieren”, fragt sich der Innenminister. Eine regionale Differenzierung umzusetzen wäre zwar nicht ganz einfach. Aber: “Wir diskutieren das.”