Das sagt Gesundheitsexperte Fidler zur Maskenpflicht

Politik / 21.07.2020 • 06:00 Uhr
Das sagt Gesundheitsexperte Fidler zur Maskenpflicht
Mitte Juni fiel das Gebot zur Maske weitgehend. APAZu früh, meint Fidler.

Regierung lässt mit ihrer Eintscheidung weiter auf sich warten.

Wien Alle warteten auf Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Da er in Brüssel um Milliarden pokerte, musste die Bundesregierung in Wien ihre für Montag geplante Entscheidung zur Wiedereinführung der Maskenpflicht vertagen. Am Dienstag soll sie verkündet werden. Gesundheitsexperte Armin Fidler hofft auf eine Rückkehr: „Wissenschaftliche Erfahrungen lehren uns, dass Masken doppelt Sinn machen. Je nachdem, welche Art und wie sie getragen wird, schützt sie das Individuum. Und es gibt einen Masken-Herdenschutz, wenn alle eine tragen.“ 

Am 6. April wurde das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in heimischen Super- und Drogeriemärkten zur Pflicht erklärt und später auf andere Bereiche ausgeweitet. Mit 15. Juni fiel das Gebot zur Maske großteils wieder. Es blieb nur in öffentlichen Verkehrsmitteln, im Gesundheitsbereich inklusive Apotheken, bei Demonstrationen und bei gewissen Dienstleistungen aufrecht.

Über 100 Spitalspatienten

Die Bundesregierung forderte Eigenverantwortung. Sollten die Infektionszahlen wieder steigen, werde sie entgegen steuern. Nun scheint es soweit zu sein. Mehrere Tage in Folge lag die Zahl der Neuinfektionen im dreistelligen Bereich. Zwar wurden am Montag mit 88 neuen Fällen binnen 24 Stunden wieder weniger verzeichnet. Allerdings wuchs die Zahl der Spitalspatienten mit Covdi19 erstmals seit 29. Mai wieder auf über 100.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) klagte in den vergangenen Tagen immer wieder über das sinkende Risikobewusstsein der Bevölkerung. Das Coronavirus sei nicht auf Urlaub, hörte man auch mehrfach von Kurz und seinem Vize Werner Kogler (Grüne). Letzterer ist bei einer bundesweiten Maskenpflicht eher noch zurückhaltend. Eine Pflicht in Supermärkten wäre aber etwas anderes: „Weil jeder muss dorthin“, sagte Kogler am Wochenende den VN.

„Ein Meter ist knapp bemessen“

Gesundheitsexperte Fidler plädiert für eine Maskenpflicht in sämtlichen Situationen, bei denen man den Mindestabstand nicht einhalten kann. „Im Vergleich zu anderen Ländern ist dieser in Österreich mit einem Meter sehr knapp bemessen. Eine Maskenpflicht wäre also nicht nur für Supermärkte, sondern alle geschlossenen Räume und prinzipiell auch im Freien sinnvoll. Wichtig wäre aber, dass es klare Vorgaben gibt und nicht 50 Ausnahmen.“ Fidler erinnert außerdem an den zusätzlichen psychologischen Vorteil: „Wenn die Leute Masken sehen, werden sie daran erinnert, dass man aufpassen muss.“ Die Maskenpflicht sei in Österreich einfach zu früh abgeschafft worden.

Wenn die Leute Masken sehen, werden sie daran erinnert, dass man aufpassen muss.

Armin Fidler, Gesundheitsexperte MCI

Dass man sich angesichts der relativ gut eingegrenzten Infektionscluster sicher fühlen kann, würde Fidler nicht bestätigen. Niemand wisse, wo der nächste Cluster lauere. „Das lässt sich erst im Nachhinein beurteilen“, sagt der Experte des Management Centers Innsbruck. „Wir haben aber sehr viel dazugelernt und sind gut aufgestellt.“ Solange man einen noch nicht allzu großen Cluster schnell entdecke, könnten Kontakte gut nachverfolgt werden. Funktioniere „Contact Tracing“ nicht mehr, drohe Chaos. „Das sehen wir beispielsweise in den USA. In den Bundesstaaten Florida, Texas und Kalifornien ist die Situation außer Kontrolle. Das kann leider sehr schnell gehen.“

Das sagt Gesundheitsexperte Fidler zur Maskenpflicht
Die Maskenpflicht sei zu früh abgeschafft worden, meint Fidler.

Bei den Coronatests hofft Fidler auf mehr Tempo. „Rein theoretisch wäre es möglich, schon in ein paar Stunden ein Resultat zu bekommen. Alles über 48 Stunden ist nicht akzeptabel. Wir haben es mit einem Virus zu tun, das sich potenziell exponentiell ausbreitet.“

Magdalena Raos, Birgit Entner-Gerhold