Handelspakt wird unter Zeitdruck verhandelt

EU und Großbritannien ringen um eine Vereinbarung nach Brexit.
London Unter massivem Zeitdruck versuchen Großbritannien und die Europäische Union, sich doch noch auf einen Handelspakt zu einigen. Nach einem Telefonat auf höchster Ebene zwischen EU-Kommissionschefin von der Leyen und dem britischen Premier Boris Johnson machte sich der Unterhändler Londons, David Frost, am Sonntag auf den Weg zu den entscheidenden Verhandlungen nach Brüssel. Die Aussichten auf einen Durchbruch sind allerdings getrübt. Johnson und von der Leyen stellten am Samstagabend erhebliche Differenzen fest und gaben den Staffelstab an ihre Unterhändler Frost und Michel Barnier zurück. Heute Abend wollen die Chefs erneut selbst miteinander sprechen.
Hubschrauber statt Stau
Sollten die Gespräche scheitern, drohen zum Jahreswechsel Zölle und andere Handelshürden zwischen Großbritannien und dem Kontinent. Die Wirtschaft auf beiden Seiten des Ärmelkanals rechnet für den Fall eines No-Deal-Ausgangs mit starken Verwerfungen. Befürchtet werden kilometerlange Staus im Hinterland des Fährterminals in Dover und der Einfahrt in den Eurotunnel in Folkestone. Einem Bericht des „Observer“ zufolge plant die britische Regierung, den kürzlich in dem Land zugelassenen Corona-Impfstoff des deutschen Unternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer mit Militärflugzeugen einzufliegen. Damit soll verhindert werden, dass das ersehnte Mittel dem befürchteten Verkehrschaos zum Opfer fällt.
Gestritten wird immer noch vor allem über drei Themen: gleiche Wettbewerbsbedingungen, Fischerei und die Instrumente zur Ahndung von Verstößen gegen das geplante Abkommen. Bei den Wettbewerbsbedingungen geht es unter anderem um Umwelt-, Sozial- und Beihilfestandards. Großbritannien möchte sich von der EU möglichst wenige Vorgaben machen lassen. Die EU will jedoch Wettbewerbsvorteile für britische Firmen durch Regeldumping verhindern, zumal das angestrebte Handelsabkommen britische Waren unverzollt und ohne Mengenbegrenzung auf den EU-Markt lassen würde. Bei der Fischerei geht es um die Mengen, die EU-Fischer in britischen Gewässern fangen dürfen. Vor allem für Frankreich hat das Thema hohe politische Bedeutung.