Versuchter Mord an der Demokratie
In Washington ist versuchter Mord zu beklagen: Der gewaltsame Sturm einer entfesselten Meute auf das Parlament zum Zwecke des Umsturzes und der Machtergreifung eines abgewählten Präsidenten ist nichts anderes als angestrebter Meuchelmord an der Demokratie und am Selbstbestimmungsrecht eines Volkes. Beim Putsch-Versuch ist auch der vollendete Mord an einem Personenschützer im „Hohen Haus“ und der Tod von vier weiteren Menschen zu beklagen.
Anstifter und Patron ist Donald J. Trump, der seine Demokratie-feindlichen Anhänger vier Jahre lang aufhetzte und mit einer dystopischen Rede zum Gewaltakt ermunterte und den verbalen Startschuss dazu gab. Damit erfüllte sich die vor mehr als 100 Jahren in der „Baltimore Evening Sun“ veröffentlichte Prophezeiung des US-Schriftstellers und Satirikers Henry Louis Mencken: „Eines Tages wird sich der Herzenswunsch der schlichten Leute erfüllen und das Weiße Haus mit einem narzisstischen Irren besetzt sein.“
Das weitere Schwelen will in dieser Woche die Mehrheit im US-Parlament verhindern: Mit einer Parlamentsklage wegen „Anstiftung zum Aufruhr“ soll der noch neun Tage regierende bald Ex-Präsident seines Amtes enthoben werden. Und die Aberkennung des passiven Wahlrechts auf Lebenszeit soll dem Demokratie-feindlichen, offenkundig über Leichen gehenden und augenscheinlich tatsächlich „narzisstisch irren“ Trump die Rückkehr an die Macht versperren.
Dass Volksvertreter der Trump-Partei dies mit Winkelzügen verhindern wollen, steht zu befürchten. Aber selbst ein Gelingen des Plans wird das Blut nicht von Trumps Händen waschen. Denn wenn er noch neun Tage im Amt bleibt, will er erklärtermaßen noch schnell drei zum Tode verurteilte Täter hinrichten lassen, die der Todesstrafen-Gegner Biden nach seinem Amtsantritt zu lebenslanger Haft begnadigen will. Trump anzulasten sind auch zigtausendfache Tötungen durch unterlassene Hilfeleistung: Menschen, die in der Corona-Pandemie hätten gerettet werden können, mussten sterben, weil er die Lebensgefahren aus niederen Beweggründen verharmloste und Hilfen blockierte.
Die Inauguration und Amtsübernahme des am 3. November gewählten ausgewiesenen Demokraten Joseph Biden am 20. Januar verspricht nicht weniger als eine Wiederbelebung und Lebensrettung der amerikanischen Demokratie und ein Ende des Irrsinns. Der Staatsakt begründet zudem die Hoffnung auf eine schnelle Restauration der Werte eines „guten Amerika“. Dass damit auch das menschenverachtende Handlungsmodell der Autokraten und Un-Demokraten in aller Welt desavouiert wird, ist ein weiterer Grund zur Freude.
„Die Amtsübernahme von Joseph Biden verspricht eine Lebensrettung der amerikanischen Demokratie.“
Peter W. Schroeder
berichtet aus Washington, redaktion@vn.at