Historisches Urteil

Politik / 21.04.2021 • 22:39 Uhr
Nach dem Schuldspruch nehmen sich zwei Frauen in Atlanta vor einem Wandbildnis, das George Floyd zeigt, in die Arme. AFP
Nach dem Schuldspruch nehmen sich zwei Frauen in Atlanta vor einem Wandbildnis, das George Floyd zeigt, in die Arme. AFP

Ex-Polizist wegen Tötung von George Floyd schuldig gesprochen.

minneapolis Fast ein Jahr nach der Tötung des Afroamerikaners George Floyd haben die Geschworenen den weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin in allen Anklagepunkten für schuldig befunden. Ihm droht eine lange Haftstrafe. Das genaue Strafmaß soll in acht Wochen festgelegt werden, erklärte Richter Peter Cahill in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota. Chauvin wurde nach der Urteilsverkündung in Handschellen aus dem Gerichtssaal geführt. Gegen das Urteil kann noch Berufung eingelegt werden.

Bei Festnahme gestorben

Der 46 Jahre alte Floyd war am 25. Mai 2020 in Minneapolis bei einer Festnahme ums Leben gekommen. Videos dokumentierten, wie Polizisten den unbewaffneten Mann zu Boden drückten. Chauvin presste sein Knie gut neun Minuten lang auf Floyds Hals, während dieser flehte, ihn atmen zu lassen. Floyd verlor der Autopsie zufolge das Bewusstsein und starb wenig später. Die Beamten hatten ihn wegen des Verdachts festgenommen, mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben. Floyds Schicksal löste eine Welle an Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt aus und entwickelte sich zur größten Protestbewegung seit Jahrzehnten.

Der schwerwiegendste Anklagepunkt gegen Chauvin lautete Mord zweiten Grades ohne Vorsatz. Darauf stehen in Minnesota bis zu 40 Jahre Haft. Zudem wurde Chauvin Mord dritten Grades vorgeworfen, was mit bis zu 25 Jahren Haft geahndet werden kann. Auch musste er sich wegen Totschlags zweiten Grades verantworten, worauf zehn Jahre Haft stehen. Chauvin hatte auf nicht schuldig plädiert.

US-Präsident Joe Biden begrüßte den Schuldspruch, rief aber zugleich zu weiterem Kampf gegen Rassismus und Polizeigewalt auf. Struktureller Rassismus sei “ein Schandfleck auf der Seele unserer Nation”, sagte der Demokrat. Mit Blick auf Floyds Familie betonte er: “Nichts kann jemals ihren Bruder, ihren Vater zurückbringen. Aber dies kann ein riesiger Schritt vorwärts auf dem Marsch zur Gerechtigkeit in Amerika sein.” Nötig dafür seien allerdings echter Wandel und echte Reformen. Biden erinnerte an Floyds letzte Worte “I can’t breathe” (“Ich kann nicht atmen”). “Wir können diese Worte nicht mit ihm sterben lassen.” US-Vizepräsidentin Kamala Harris nannte Rassismus “ein Problem für jeden Amerikaner”.

Der Anwalt von Floyds Familie, Ben Crump, bezeichnete den Schuldspruch als “Wendepunkt in der Geschichte”. Floyds Bruder Philonise zeigte sich ebenfalls erleichtert. In Anspielung auf die letzten Worte seines Bruders sagte er: “Heute können wir wieder atmen.” Neben Chauvin sind drei weitere Ex-Polizisten angeklagt, die in einem Verfahren ab dem 23. August vor Gericht stehen werden. Ihnen wird Beihilfe zur Last gelegt.