Das sagt der Historiker Moshe Zimmermann zur Krise im Nahen Osten

Aktuelle Kämpfe waren Thema bei “Vorarlberg live”.
tel aviv, Hohenems Die Kämpfe zwischen militanten Palästinensern und dem israelischen Militär halten trotz internationaler Forderungen nach einer Waffenruhe mit unverminderter Härte an. Die Gewalt war auch Thema in der Montagsausgabe von “Vorarlberg live”. Dazu äußerten sich der Historiker Moshe Zimmermann, Professor emeritus für Neuere Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem, und Hanno Loewy, Direktor Jüdisches Museum Hohenems.

Auf die Frage, wie die Situation sich zu einem derartigen Konflikt hochschaukeln konnte, verwies der aus Israel zugeschaltete Zimmermann auf mehrere Ursachen. So sei der Ramadan prinzipiell immer ein schwieriger Monat in einer jüdisch und muslimisch gemischten Gesellschaft. Dazu sei gekommen, dass der sogenannte Jerusalem-Tag, der vor allem von jüdischen Nationalisten mit Märschen in der Altstadt gefeiert werde, in den islamischen Fastenmonat gefallen sei. Außerdem drohten Zwangsräumungen von Häusern palästinensischer Familien im Stadtteil Scheich Dscharrah. Doch auch abgesehen von Jerusalem gebe es genügend Konfliktstoff, zum Beispiel rund um die verschobenen Wahlen in den palästinensischen Gebieten. Die islamistische Hamas habe sich benachteiligt gefühlt. “Sie suchte nach einem Vorwand zur Verschärfung des Konflikts.”
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Wenige Bemühungen
Ob es noch Hoffnung gebe, einen Krieg abzuwenden? “Die Hoffnung stirbt zuletzt, sagt man”, betonte der Experte. Die Frage sei, wann es in Zukunft wieder zur nächsten Eskalation komme. In einer Situation, in der geschossen werde, strebten die Gemüter auf beiden Seiten mehr nach Sieg als nach Frieden, erläuterte Zimmermann außerdem. In der Zeit zwischen den Krisen gebe es zu wenige Bemühungen um den Frieden.

Loewy äußerte Bedenken hinsichtlich der Zwei-Staaten-Lösung, an der die internationale Gemeinschaft festhalte. „Jeder, der den Konflikt näher kennt, weiß, dass es eine immer unrealistischere Lösung ist.“ Ein Festhalten daran werde zur Entschuldigung, sich um das eigentliche Problem nicht zu kümmern. Das Zusammenleben der Menschen zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan müsse in egal wie vielen Staaten ein gemeinsames sein, unter gleichen Spielrechten und mit gleichen Bürgerrechten. Auf allen Seiten habe man den aktuellen Konflikt eskalieren lassen, sagt Loewy – und auch die Positionierung Österreichs hinter Israel sieht Leowy zumindest kritisch.
Tunnelsystem getroffen
Die israelische Luftwaffe flog am Montag erneut Dutzende Angriffe auf den Gazastreifen, von wo aus die Hamas erneut zahlreiche Raketen auf Städte abfeuerte. Israelische Kampfjets hätten ein Tunnelsystem der Hamas bombardiert, hieß es. Bei den Angriffen soll auch ein ranghoher Militärkommandeur der Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad getötet worden sein. Medienberichten zufolge sind bei einem anderen gezielten Luftangriff Israels auf ein Auto drei Palästinenser getötet worden. Militante beschossen daraufhin an den Gazastreifen grenzende Gebiete sowie die Städte Beersheba, Ashkelon und Ashdod.