Sorge um Blogger nimmt zu

Politik / 25.05.2021 • 22:53 Uhr
Von Protasewitsch wurde ein Video veröffentlicht. AFP/Telegram Channel Nevolf
Von Protasewitsch wurde ein Video veröffentlicht. AFP/Telegram Channel Nevolf

Mehrere Fluggesellschaften meiden den Luftraum über Belarus.

brüssel, minsk Nach der erzwungenen Landung eines Passagierflugzeugs in Belarus und der Festnahme eines Bloggers meiden immer mehr Fluggesellschaften den Luftraum über der ehemaligen Sowjetrepublik. Bei der deutschen Lufthansa werden nun vor allem Moskau-Flüge umgeleitet, wie ein Sprecher am Dienstag mitteilte. Von den Austrian Airlines (AUA) hieß es, der weißrussische Luftraum werde „bis auf Weiteres“ umflogen und Minsk derzeit nicht angeflogen. Auch Gesellschaften wie Air France, Finnair und die polnische Lot weichen sicherheitshalber auf andere Strecken aus. Nach Angaben der europäischen Luftsicherheitsbehörde Eurocontrol gibt es normalerweise täglich mehr als 300 Flüge von und nach Europa über Belarus. Die staatliche weißrussische Fluggesellschaft Belavia ihrerseits setzt ihre Flüge nach London und Paris bis Ende Oktober aus. Russland als enger Verbündeter von Belarus will indes an Flügen über das Nachbarland festhalten.

Mehrere Jahre Haft drohen

Dem Regierungskritiker Roman Protasewitsch, der zuletzt im Ausland lebte, drohen mehrere Jahre Haft. Auch die Freundin des Bloggers, Sofia Sapega, wurde festgenommen. Sie hat die russische Staatsbürgerschaft. Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko steht massiv in der Kritik. Die Staats- und Regierungschefs der EU beschlossen, dass belarussische Fluggesellschaften künftig nicht mehr den Luftraum der EU nutzen dürfen. Außerdem haben sie auf Flughäfen in der EU nun Start- und Landeverbot. Zudem soll es gezielte Wirtschaftssanktionen und eine Ausweitung der Liste mit Personen und Unternehmen geben, gegen die Vermögenssperren und EU-Einreiseverbote gelten. Die Behörden des autoritär geführten Belarus hatten am Sonntag ein Ryanair-Flugzeug auf dem Weg von Griechenland nach Litauen mit Hilfe eines Kampfjets zur Landung in Minsk gezwungen – angeblich wegen einer islamistischen Bombendrohung. Belarus machte die im Gazastreifen herrschende Hamas dafür verantwortlich. Ein Hamas-Sprecher wies dies als „absurd“ zurück. Die Maschine flog später weiter nach Vilnius. Ziel der Aktion war offensichtlich Protasewitsch, der aus Griechenland nach Litauen wollte, wo er im Exil lebte. In seiner Heimat war er unter anderem wegen Anstiftung zu Protesten gegen Lukaschenko zur Fahndung ausgeschrieben. Nach einem am Montag veröffentlichten Video wächst nun die Sorge um ihn.

Es gebe keinen Zweifel, dass Protasewitsch im Gefängnis gefoltert werde, schrieb Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja bei Telegram. Die Opposition vermutet, dass er zu einem „Geständnis“ gezwungen worden sei. Der mit einigen Blessuren gezeichnete Blogger sagte, er werde mit den Ermittlern zusammenarbeiten und „Geständnisse über die Organisation von Massenunruhen in der Stadt Minsk“ abgeben. Protasewitsch gehört zu den Mitbegründern des regierungskritischen Nachrichtenkanals Nexta. Die Behörden in Belarus stufen Nexta als extremistisch ein.

Bürgerrechtlerin Tichanowskaja sagt, es gebe keinen Zweifel an Folter. AP
Bürgerrechtlerin Tichanowskaja sagt, es gebe keinen Zweifel an Folter. AP
Demonstranten in Polen fordern die Freiheit des Regierungskritikers. AFP
Demonstranten in Polen fordern die Freiheit des Regierungskritikers. AFP