Der Impfstatus kann über eine Job-Zusage entscheiden

Der Arbeits- und Sozialrechtsexperte Martin Gruber-Risak sieht Möglichkeiten zur Impfpflicht, aber auch offene Fragen.
Wien Eine allgemeine Impfpflicht ist in Österreich nicht geplant. Allerdings gibt es Überlegungen in gewissen Bereichen, vor allem bei Neuanstellungen eine Coronaimpfung vorauszusetzen. In Wiener Krankenhäusern und Pflegeheimen wurde das bereits fixiert. Auch im Burgenland, Niederösterreich und der Steiermark geht es bereits in diese Richtung. In Vorarlberg läuft derzeit eine rechtliche Prüfung im Bereich der Krankenhäuser, wie von der Landesregierung erklärt wird. „Je nach Ergebnis werden wir uns das auch für den Sozial- und Pflegebereich ansehen“, heißt es aus dem Büro von Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker. Arbeits- und Sozialrechtsexperte Martin Gruber-Risak hält eine Impfpflicht in manchen Bereichen aus rechtlicher Sicht für möglich. Werde man aufgrund des Impfstatus nicht eingestellt, handle es sich um keine Diskriminierung.
Ist eine Impfpflicht in gewissen Bereichen rechtlich möglich?
Es wäre möglich, eine Impfpflicht über ein Bundesgesetz einzuführen oder per Verordnung nach dem Epidemiegesetz. Derzeit gibt es aber keine Anzeichen dafür, dass das passiert. Die Länder denken daher darüber nach, bei der Neuaufnahme in den Landesdienst oder in ausgegliederte Krankenanstalten eine Corona-Impfung als Aufnahmevoraussetzung zu verlangen.
Gäbe es in den Ländern eine gesetzliche Möglichkeit für eine Impfpflicht?
Wenn es sich um ausgegliederte Gesellschaften handelt, haben die Länder keine Kompetenz. Bei den Landesbediensteten könnten sie eine Impfpflicht über das Landesdienstrecht festschreiben. Ich gehe aber davon aus, dass eine Impfung eher auf vertraglicher Ebene vorausgesetzt wird, wenn man das will.
Setzt eine Impfpflicht Patienten- bzw. Kundenkontakt voraus oder könnte sie auch für Personen kommen, die regelmäßig ein- und ausgehen, zum Beispiel für den Haustechniker im Pflegeheim?
Das ist eine Abwägungsfrage. Im Gesundheitsbereich spricht einiges dafür, eine Impfung zu verlangen, weil es die Mitarbeiter mit besonders vulnerablen Personen zu tun haben. Anders ist das zum Beispiel in der Nachtgastronomie. Dort wäre die Umsetzung einer Impfpflicht für Mitarbeiter – wie sie auch schon diskutiert wurde – eher fraglich.
Wäre es möglich, eine Impfpflicht für bestehendes Personal im Gesundheits- und Sozialbereich einzuführen?
Grundsätzlich kann man keine Impfung einseitig anordnen. Es stellt sich aber die Frage, ob Ungeimpfte in bestimmten Berufen überhaupt noch arbeitsfähig sind. Man könnte daraufhin etwa argumentieren, dass anstelle der Impfung eine FFP2-Maske reicht. Aber auch das wird wieder schwierig, weil derzeit nur eine Maskenpflicht besteht, wenn es eine Einigung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber dazu gibt. Problematisch ist auch, dass dem Arbeitgeber mit dem Impfstatus viele Gesundheitsdaten offengelegt werden, zum Beispiel, wenn ich mich aufgrund einer Krankheit nicht impfen lassen kann.

Peter Reitmayer
Ist eine Impfpflicht bei Neuanstellungen einfacher?
Es ist einfacher, jemanden aufgrund seines Impfstatus abzulehnen. Der Impfstatus ist nämlich kein verpöntes Diskriminierungskriterium. Ein Beispiel: Wenn ich die Einstellung von jemandem ablehne, weil er oder sie homosexuell ist, können die Betroffenen auf Schadenersatz klagen. Beim Impfstatus geht das nicht.
Impfungen gegen Masern, Hepatitis, Röteln und Tetanus sind in Gesundheits- und Sozialeinrichtungen bereits vorgeschrieben. Was ist der Unterschied zur Coronaimpfung?
Eigentlich nichts. Auch diese Impfungen sind nur behördlich empfohlen. Der Arbeitgeber kann daher eine Impfung voraussetzen. Das war bis dato aber nie ein Thema. Die Leute ließen sich impfen und die Impfgegner kamen im Gesundheitsbereich nicht unter. Die behördliche Empfehlung führt dazu, dass der Staat einen Teil des Risikos übernimmt, wenn es zu einem Impfschaden kommt. Das ist bei der Coronaimpfung auch der Fall. Bei einem Impfschaden gibt es zum Beispiel eine Rente, ähnlich der Versehrtenrente bei einem Arbeitsunfall. Das gilt für alle, die sich impfen lassen.
Würde eine allgemeine Impfpflicht halten?
Wenn es eine gesetzliche Impfpflicht gäbe, würden sich sicher einige beim Verfassungsgerichtshof wegen eines Eingriffs in die persönliche Freiheit beschweren. Dieser würde höchstwahrscheinlich aber zum Erkenntnis kommen, dass eine Impflicht aufgrund des gesamtgesellschaftlichen Interesses in Ordnung geht, wie damals bei der Pockenimpfung auch.