Korruption
Demnächst haben die Österreicherinnen und Österreicher Gelegenheit, ein Volksbegehren gegen die „grassierende Korruption“ zu unterstützen. Gefordert werden etwa ein Transparenzpaket für die Verwaltung oder eine vom Justizministerium unabhängige Leitung der Staatsanwaltschaften. Begehrt wird aber auch eher Skurriles, wie die Hebung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in den Verfassungsrang. Aber auch dies kann man unterstützen, es kostet ja nichts.
„Noch schlimmer als das Gerede von der grassierenden Korruption ist allerdings die Scheinheiligkeit.“
Zu empfehlen ist allerdings, in der Wortwahl nicht den reißerischen Tönen der Proponenten des Volksbegehrens aufzusitzen. Österreichs Verwaltung wie auch die Justiz sind im Großen und Ganzen korruptionsfrei, wer Gegenteiliges behauptet, wird den Beweis wahrscheinlich schuldig bleiben. Bei den aufsehenerregenden Fällen der letzten Wochen gilt es jedenfalls noch zu klären, ob und wo Korruption im Spiel war.
Noch schlimmer als das Gerede von der grassierenden Korruption ist allerdings die Scheinheiligkeit. Den Postenschacher, um den es in Wahrheit geht, hat keine Regierung neu erfunden. Man darf sich an den früheren Bürgermeister von Wien, Helmut Zilk, erinnern, der die Vergabe von Leitungsfunktionen an den Schulen „zum Kotzen“ fand. Ob er selbst in Wien für Abhilfe sorgte, bleibt Spekulation.
Ebenso wenig wissen wir, ob der früheren OGH-Präsidentin und heutigen Proponentin des Volksbegehrens Irmgard Griss ihre damalige Nähe zur ÖVP womöglich hinderlich war, als sie die Karriereleiter nach oben stieg. Soweit neuerdings die Grünen bei Postenvergaben mitreden dürfen, haben sie übrigens auch nicht gerade parteiferne Personen bestellt. Stellenbesetzungen sind halt immer auch eine Frage des Vertrauens. Solange gut qualifizierte Personen in die Funktionen berufen werden, ist die Vorgangsweise für das System wenigstens verkraftbar.
Besonders scheinheilig ist es freilich, wenn eine Regierung wie die vormalige ÖVP/FPÖ-Koalition von einem Systemwandel spricht und in Wahrheit den Postenschacher nicht nur fortsetzt, sondern auch völlig ungeeignete Personen wie Thomas Schmid zum Chef eines wichtigen staatlichen Unternehmens macht.
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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