Taliban setzen Offensive fort

Politik / 09.08.2021 • 22:09 Uhr

Nächste Provinzhauptstadt in Afghanistan fällt an Islamisten.

kabul Die radikalislamischen Taliban haben die sechste afghanische Provinzhauptstadt binnen weniger Tage erobert. Am Montag übernahmen sie die Kontrolle in Aybak in der Provinz Samangan im Norden des Landes. Provinzräte und Parlamentarier bestätigten die Einnahme. Damit haben die Islamisten binnen vier Tagen sechs von 34 Provinzhauptstädten eingenommen. Am Sonntag fiel die wichtige Stadt Kunduz an sie. In den afghanischen Provinzen Kandahar, Khost and Pakria wurden nach UNICEF-Angaben in den vergangenen drei Tagen mindestens 27 Kinder getötet. 136 weitere Minderjährige seien verletzt worden, teilte das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen mit.

„Ich bin wegen der sich verschlechternden Situation extrem besorgt“, sagte UNO-Nothilfekoordinator Martin Griffiths in einer Stellungnahme. Allein im Juli seien mehr als tausend Menschen durch Angriffe in den Konfliktprovinzen Helmand, Kandahar und Herat getötet oder verletzt worden. Auch die Zahl der Binnenvertriebenen steigt seit Anfang Mai deutlich an. Bis Ende Juli verließen annähernd eine Viertelmillion Menschen in dem Land ihre Dörfer und Städte. Insgesamt leben in Afghanistan etwa 37 Millionen Menschen. Nach Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) verlassen jede Woche etwa 30.000 Afghanen ihr Land.

Journalist getötet

Nachdem die Taliban am Freitag laut eigenen Angaben den Sprecher der Regierung in Kabul ermordet hatten, töteten sie mit dem Radiojournalisten Tufan Omar in Kabul offenbar erneut einen Medienvertreter. In der südlichen Provinz Helmand soll zudem ein Lokaljournalist entführt worden sein. Ein Taliban-Sprecher sagte, ihm lägen keine Informationen vor.

In der Diskussion um Abschiebungen von Asylwerbern mit negativem Bescheid meldete sich die Caritas zu Wort. Es sei notwendig, jeweils die aktuelle Sicherheitslage im Herkunftsland im Zuge eines rechtsstaatlichen Verfahrens und vor jeder Abschiebung „genau und rasch“ zu prüfen, sagte Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich. „Aufgrund der drastischen Verschlechterung der aktuellen Sicherheitslage halte ich Abschiebungen nach Afghanistan den aktuellen Medienberichterstattungen zufolge derzeit menschenrechtlich für nicht vertretbar.“ Die ÖVP ist in der Frage kompromisslos und hält trotz der Sicherheitslage sowie eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über den Stopp einiger Abschiebungen an den Rückführungen fest.