Vorarlberger Grünen-Parteibasis kann Rückzug von Hebein vielfach nachvollziehen

Politik / 25.08.2021 • 05:30 Uhr
Vorarlberger Grünen-Parteibasis kann Rückzug von Hebein vielfach nachvollziehen
Das Verhältnis zwischen dem grünen Vizekanzler Werner Kogler (l.) und dem türkisen Kanzler Sebastian Kurz sorgt für Debatten.  APA, VN

Für den Abgang der Wiener Ex-Grünen-Chefin zeigen viele in der Partei Verständnis.

Schwarzach Die frühere Wiener Grünen-Chefin und Vizestadtchefin Birgit Hebein hat am Wochenende ihrer Gesinnungsgemeinschaft mit einem Posting in Sozialen Medien ein für allemal den Rücken gekehrt. Grund dafür ist die Flüchtlingspolitik der türkis-grünen Bundesregierung, vor allem die Weigerung,  Menschen aus Afghanistan aufzunehmen. Österreich gehe in eine „türkis-autoritäre Richtung“, warnte Hebein. Weiter ließ Hebein ihre Parteifreunde und die Öffentlichkeit wissen: „Die grüne Politik mit all den Argumenten und Nichthaltungen erreicht nicht mehr mein Herz.“ Viele Menschen würden auf das Kämpfen der Grünen für den Klimaschutz bauen.

Hebein: „Hoffnung zerstört“

Als Mitverhandlerin der türkis-grünen Koalition erkenne und kritisiere sie jedoch, „dass dabei unsere Demokratie, der gesellschaftliche Diskurs, der Rechtsstaat, das Parlament und die Medien sich in eine türkis-autoritäre Richtung entwickeln und der türkise Weg weitergeht, als wäre nichts gewesen“. Gefragt wären „klare grüne Haltungen und nicht Passivität“, kritisierte die einstige Kommunalpolitikerin der Bundeshauptstadt. „Wenn wir es ehrlich betrachten, sind wir mit dem ohnehin gewagten Versuch der Strategie, mit einer Regierungsbeteiligung für eine Kurskorrektur zu sorgen, an Grenzen angelangt. Damit haben wir Hoffnung zerstört. Zumindest habe ich diesen Punkt erreicht und ziehe daher die Konsequenzen.“

Zukunft auf Seiten der Grünen?

Für den Abgang Hebeins zeigen Vertreter der Basis der Grünen in Vorarlberg vielfach Verständnis. „Für mich ist der Schritt nachvollziehbar. Wir wussten von allem Anfang an, dass es von beiden Seiten Kompromissbereitschaft braucht. Ich würde mir aber von den Grünen in der Bundesregierung wünschen, dass die da und dort den Türkisen die roten Linien aufzeigen“, betont Wolfgang Maurer, Stadtvertreter der Grünen in Bludenz.

Auch Clemens Rauch, Klubchef von Feldkirch blüht, plädiert für eine „klarere Positionierung zu den Türkisen“. Juliane Alton, Stadträtin in Dornbirn, kann den Schritt Hebeins hingegen nur ein Stück weit nachvollziehen. „Die Gründe sind vielfältiger und mehr interner Natur. Deshalb möchte ich das nicht weiter kommentieren.“ Gesetze wie die Menschenrechts- und Flüchtlingskonvention hätten Verfassungsrang, betont Alton. „Wenn man sich wie ein Innenminister Nehammer hinstellt und sagt, man schiebt nach Afghanistan ab, dann führt man Menschen hinters Licht. Denn das darf man nicht. Wir haben im Regierungsabkommen ein paar Ziele festgelegt. Leider haben wir in der Flüchtlings- und der Bildungspolitik nichts erreicht. In diesen Punkten ist das Regierungsprogramm nicht gut. Aber im Klimaschutz und Umweltschutz ist viel drinen. Die Zukunft ist auf unserer Seite, wenn wir eine CO2-Bepreisung und eine ökosoziale Steuerreform durchsetzen. Das ist unser Job, den werden unsere Leute gut machen.“

Tony Walser, Michael Prock

Juliane Alton, Stadträtin Dornbirn: Die rote Linie bei der laufenden Debatte sind die österreichischen Gesetze. Da hätten wir schon gerne, dass sich die ÖVP daran hält. Die Gesetze haben Verfassungsrang, wir sprechen über die Flüchtlingskonvention.

Juliane Alton.
Juliane Alton.

Clemens Rauch, Klubobmann Feldkirch: In der Bundesregierung sollten die Grünen gegenüber den Türkisen in einigen Bereichen stärker die roten Linien aufzeigen. Ich kann den Rückzug von Birgit Hebein nachvollziehen, empfinde ihren Abgang aber als schweren Verlust für die grüne Bewegung.

Clemens Rauch.
Clemens Rauch.

Frank Matt, Bürgermeister Lochau: Auf gewisse Aussagen wird es immer Reaktionen geben. Das wird auf Bundesebene beantwortet. Ich weiß aber nicht, was hinter verschlossenen Türen in Wien besprochen wird. Die Grünen brauchen unsere Zurufe dazu nicht.

Frank Matt.
Frank Matt.

Wolfgang Maurer, Stadtvertreter Bludenz: Die Türkisen verfolgen bei der Flüchtlingsthematik eine beinharte Politik und damit klar die Linie der Blauen. Ich frage mich bereits seit geraumer Zeit, warum es eigentlich zu keinem Aufschrei in der christlich-sozialen Volkspartei kommt.

Wolfgang Maurer.
Wolfgang Maurer.

Patricia Tschallener, Vizebürgermeisterin Hohenems: Dass es in dieser Bundesregierung schwierig wird, wissen wir, seit wir als Grüne dort vertreten sind. Dass das Flüchtlingsthema immer wieder kontrovers diskutiert wird, ist klar. Mein Fokus bleibt ganz klar auf der Stadtpolitik.

Patricia Tschallener.
Patricia Tschallener.

Thomas Ender, Gemeinderat Götzis: Aus ihrer Sicht kann ich den Rückzug Hebeins verstehen. Dass die Koalition auf Bundesebene keine Liebeshochzeit sein wird, war uns von allem Anfang an klar. Mehr Profil zeigen in der Bundesregierung wäre aber sehr wohl gefragt.

Thomas Ender.
Thomas Ender.