Kritik nach fünfstündiger Kurz-Befragung
Kanzler Sebastian Kurz erschien Opposition „respektlos“.
WIEN Die Opposition übt angesichts des veröffentlichten Protokolls der Beschuldigten-Einvernahme von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) einmal mehr Kritik: Kurz sei „hochnervös“ und reite sogar bei seiner Einvernahme Attacken gegen die Justiz, empörte sich SPÖ-Manager Christian Deutsch. Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos ortete ebenfalls „fehlenden Respekt vor den Institutionen, aber keinen Willen zur Aufklärung“, FPÖ-Mandatar Christian Hafenecker ein „Sittenbild“.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt nach einer Anzeige gegen Kurz wegen des Verdachts auf Falschaussage im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss. Im Kern geht es dabei um die Frage, wie intensiv Kurz unter der türkis-blauen Regierung in die Reform der Staatsholding ÖBAG involviert war. Bei seiner Befragung im Ausschuss hatte der Kanzler seine Rolle bei der Auswahl des Aufsichtsrats sowie bei der Bestellung des umstrittenen und mittlerweile ehemaligen ÖBAG-Chefs Thomas Schmid heruntergespielt und sinngemäß von normalen Vorgängen gesprochen. Später aufgetauchte Chatprotokolle legten allerdings eine enge Abstimmung zwischen Schmid und Kurz nahe.
Richterbefragung als Ausnahme
Kurz war bereits am 3. September einvernommen worden, publik wurde das allerdings erst Mitte dieser Woche. Dass die Befragung durch einen Richter und nicht durch die WKStA erfolgte, mit der die ÖVP seit Längerem im Clinch liegt, war ein Anliegen von Kurz‘ Anwalt Werner Suppan gewesen. Im Juli hatte Justizministerin Alma Zadic (Grüne) entsprechend entschieden – „ausschließlich aus rechtlichen Erwägungen“, wie betont wurde. In dem nun den Medien zugespielten Einvernahmeprotokoll weist Kurz wie bereits auch öffentlich mehrfach jegliche Falschaussage von sich. „Ich weiß nicht, wie Sie mich einschätzen, aber ich bin kein Vollidiot. Wenn ich weiß, dass sie alle SMS haben, wäre es ja absurd etwas davon Abweichendes zu sagen“, sagte Kurz etwa zum Richter. Fragen des ebenfalls anwesenden Staatsanwaltes wollte Kurz nicht beantworten: „Das funktioniert nicht so gut zwischen uns.“
„Die Einvernahme ist für Kurz katastrophal verlaufen“, schlussfolgerte jedenfalls SPÖ-Bundesgeschäftsführer Deutsch. „Der beschuldigte Kanzler war bei der richterlichen Einvernahme im Wiener Landesgericht für Strafsachen sehr emotional und aggressiv gegen den Richter und den anwesenden Staatsanwalt.“ Eine Falschaussage sei kein Kavaliersdelikt, bekräftigte er.