Kein 3G-Nachweis: „Es ist, als würde man die Arbeit schwänzen“

Halten sich Arbeitnehmer nicht an die 3G-Regel am Arbeitsplatz, verletzen sie ihre Dienstpflicht, erklärt Arbeitsrechtsexperte Martin Gruber-Risak.
Wien Der 3G-Nachweis ist im Grunde das gleiche wie die Anwesenheitspflicht. Kommen Arbeitnehmer den Vorgaben nicht nach, können sie im schlimmsten Fall entlassen werden. „Der 3G-Nachweis wird also zur Voraussetzung, um den Dienstvertrag zu erfüllen“, erklärt Arbeitsrechtsexperte Martin Gruber-Risak von der Universität Wien. Wer nicht geimpft, getestet oder genesen ist und Kontakt zu Kunden oder Kollegen hat, darf den Betrieb ab 1. November nur noch mit FFP2-Maske betreten, ab 14. November gar nicht mehr. Das sieht die 3G-Regel am Arbeitsplatz vor, deren gesetzliche Grundlage am Donnerstag vom Bundesrat beschlossen wurde. Die Verordnung des Gesundheitsministers ist in finaler Abstimmung.
BH führt Kontrollen durch
Die Behörden werden stichprobenartig kontrollieren, in Vorarlberg kümmert sich die Bezirkshauptmannschaft darum. „Insbesondere werden jene Betriebe mit Kontrollen rechnen müssen, die aufgrund der Infektionszahlen eine gewisse Auffälligkeit zeigen“, heißt es seitens der Landespressestelle auf VN-Anfrage. Kommt es zu Verstößen, sind Verwaltungsstrafen möglich. Die BH kann den Arbeitgeber mit bis zu 3600 Euro belangen und Arbeitnehmer mit bis zu 500 Euro. Bereits ein einmaliger Verstoß reicht laut Gesundheitsministerium dafür aus.
Arbeitgeber nehmen Stichproben
Arbeitgeber sind demnach verpflichtet, Stichprobenkontrollen durchzuführen. „Es gibt hier keine exakten zeitlichen Vorgaben“, heißt es aus dem Gesundheitsressort. Kontrollen hätten lediglich so zu erfolgen, dass sie effektiv und wirkungsvoll seien: unangekündigt, unregelmäßig, genau und umfassend, lauten vier Stichworte des Ministeriums dazu. Listen dürfen die Unternehmen aus Datenschutzgründen keine führen. „In der Verordnung scheint ein Passus geplant zu sein, dass sich der Arbeitgeber den Nachweis nur ansehen, aber nicht weiterverarbeiten darf“, erklärt Gruber-Risak. Mit Zustimmung des Mitarbeiters könnte dies aber möglich sein. „Es besteht in diesem Fall auch ein überwiegendes Interesse des Arbeitnehmers, wenn dieser seinen Arbeitgeber darum bittet, den Nachweis zu hinterlegen und nicht immer wieder danach zu fragen.“ Das gehe bei einem höchstpersönlichen Recht wie dem Datenschutz aber nur mit höchstpersönlicher Zustimmung. Eine Betriebsvereinbarung würde dazu nicht reichen.

Entlassung möglich
Weigert sich ein Arbeitnehmer den 3G-Nachweis zu zeigen, ist nach Angaben des Gesundheitsministeriums zu prüfen, ob er anderweitig eingesetzt werden könne, sodass es zu keinen physischen Kontakten mit Kollegen und Kunden kommt. „Ist dies nicht möglich oder für den Betrieb nicht zumutbar, können in weiterer Folge arbeitsrechtliche Schritte wie unbezahlter Urlaub ergriffen werden.“ Arbeitsrechtsexperte Gruber-Risak bestätigt das. Er verweist auf ein bereits vorliegendes höchstgerichtgerichtliches Urteil zur Testpflicht in Altenheimen. Demnach war die Kündigung eines Mitarbeiters zulässig, da dieser Coronatests verweigerte. Ähnlich werde das mit der 3G-Regel am Arbeitsplatz sein: „Wenn ich keinen Nachweis mit mir führe, darf mich der Arbeitgeber nicht in den Betrieb einlassen.“ Das komme einer Dienstunfähigkeit oder einer Dienstpflichtverletzung gleich. „Bin ich jeden Tag fünf Minuten zu spät, kann mich der Arbeitgeber rausschmeißen, sobald ich entsprechend vorgewarnt wurde“, nennt Gruber-Risak ein Beispiel. Und noch ein zweites: Bleibt ein Arbeitnehmer wegen eines fehlenden 3G-Nachweises für einen Tag zuhause, werde die Dienstleistung zu einer erheblichen Zeit unterlassen. Es wäre, als würde er die Arbeit schwänzen und somit ist eine Entlassung denkbar.
Letztverantwortung für Mitarbeiter
Bei Kontrollen der BH tragen die Mitarbeiter die Letztverantwortung. Sie machen sich automatisch strafbar, wenn sie keinen 3G-Nachweis am Arbeitsplatz bei sich haben. „Der Arbeitgeber kann hingegen sagen, ich habe alles mir Zumutbare gemacht und Stichprobenkontrollen durchgeführt“, erklärt Gruber-Risak. Die Behörde müsste erst Gegenteiliges beweisen.
Ungeklärt ist noch, ob die Testzeit weiterhin Dienstzeit bleibt, sollte ein Arbeitnehmer auf dem Weg in die Firma nur über einen Umweg zur nächsten Teststation kommen. Der entsprechende General-Kollektivvertrag, der dies bisher regelte, lief aus. Für Vorarlberg ist diese Frage ab November geklärt. Denn auch wenn die Selbsttests für zuhause auf Grund steigender Infektionszahlen nicht mehr gelten sollten, kann bald daheim gegurgelt werden. Ein PCR-Test wird somit von der Wohnzimmercouch aus möglich.