Darum arbeiten Frauen 68 Tage gratis

Politik / 24.10.2021 • 06:00 Uhr
Darum arbeiten Frauen 68 Tage gratis
Noch immer sind die Einkommen von Frauen viel niedriger als jene von Männern. Wird die Teilzeitquote miteinberechnet, ist die Kluft noch größer. AFP

Equal Pay Day fällt auf den 25. Oktober, in Vorarlberg war er bereits.

Wien, Feldkirch Frauen verdienen viel weniger als Männer. Das verdeutlicht der sogenannte Equal Pay Day, der heuer auf den 25. Oktober fällt. Das heißt: Auf das Jahr gerechnet, arbeiten Frauen in Österreich die letzten 68 Tage gratis. Der Einkommensunterschied beträgt 18,5 Prozent. Geht es mit Fortschritten so träge weiter wie bisher, schließt sich die Schere erst 2054, rechnen der Gewerkschaftsbund und die Arbeiterkammer vor. Zwischen den Bundesländern gibt es teilweise erhebliche Unterschiede, besonders in Vorarlberg ist die Lage dramatisch.

Zieht man die Brutto-Jahreseinkommen der Vollzeit-Beschäftigten heran, war die Einkommensschere 2019 in Vorarlberg mit über 26 Prozent am höchsten. Am geringsten ist die Lücke in Wien (13 Prozent). Der Vorarlberger Equal Pay Day war schon am 27. September.

Darum arbeiten Frauen 68 Tage gratis

Brigitte Hutterer, Expertin bei der Arbeiterkammer, verweist darauf, dass in Vorarlberg männliche Erwerbstätige vergleichsweise höhere Einkommen haben, weibliche eher niedrige. Nicht nur, dass es viele Grenzgänger gibt. Auch die Branche spiele eine große Rolle. In Vorarlberg gebe es einen beträchtlichen Anteil an Sachgüterproduktion, sprich: technische Berufe, die auch besser bezahlt werden. „Frauen sind eher in den sogenannten systemerhaltenden Berufen tätig, also Pflege, Handel oder Reinigung“, erklärt Hutterer. Dort sind die Löhne niedriger. Dazu komme, dass nur wenige Frauen in Führungspositionen sind. „Es gibt aber auch einen Anteil am Gender Pay Gap, der sich nicht erklären lässt.” Er lasse sich auf Diskriminierung zurückführen.

Noch höher wird der Gender Pay Gap, wenn die Teilzeitquote miteinberechnet wird. Es sind hauptsächlich Frauen, die in den Familien für die Kinderbetreuung zuständig sind, erläutert das Momentum Institut, das sich die durchschnittlichen Einkommen sämtlicher unselbstständig Beschäftigten in Österreich 2019 angesehen hat: Demnach liegt der Unterschied in Vorarlberg sogar bei 47,5 Prozent – zweieinhalb so hoch wie in Wien (18,8 Prozent).  Sophie Achleitner, Ökonomin bei Momentum, verweist auf einen Zusammenhang zwischen Teilzeitbeschäftigung und Öffnungszeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen in den Bundesländern. “Wo sie weniger lange geöffnet sind, gibt es auch einen größeren Gender Pay Gap.” In der Steiermark, aber auch in Vorarlberg, ist der Anteil der Einrichtungen, die weniger als sieben Stunden an einem Betriebstag offen haben, am höchsten.

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Wo Kinderbetreuungseinrichtungen weniger lange offen haben, ist der Unterschied größer. APA

Die Ungleichheit schlägt sich am  Ende auch bei der Arbeitslosigkeit, den Pensionen und Vermögen nieder, führt Achleitner aus. Um den Gender Pay Gap zu verringern, empfiehlt Momentum mehrere Maßnahmen, darunter flächendeckende, umfangreiche und kostenlose Kinderbetreuung, eine höhere Bewertung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten, mehr Gehaltstransparenz und eine 30-Stunden-Woche. Arbeiterkammer-Expertin Hutterer pocht auf eine Neubewertung der Einkommen. In Branchen, in denen mehr Frauen arbeiten, müsse die Bezahlung besser werden. „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit.“