Erdogan setzt nun auf Entspannung

Politik / 26.10.2021 • 22:43 Uhr
Auch im türkischen Kabinett in Ankara schlägt Präsident Erdogan jetzt einvernehmlichere Töne an. Reuters
Auch im türkischen Kabinett in Ankara schlägt Präsident Erdogan jetzt einvernehmlichere Töne an. Reuters

Türkischer Präsident mäßigt seinen Ton nach Diplomatie-Eklat.

Istanbul, Berlin Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will den deutschen und neun weitere Botschafter nun doch nicht ausweisen. Erdogan wertete zurückhaltende Reaktionen der Botschaften als Einlenken. Sie hätten vor der „Verleumdung unserer Justiz und unseres Landes kehrtgemacht“, sagte Erdogan am Montagabend nach einer Kabinettssitzung in Ankara. Er glaube daran, dass die Botschafter in Zukunft „vorsichtiger“ sein werden. Die Botschaften der USA, Kanadas, Neuseelands und der Niederlande in Ankara twitterten eine Erklärung, sich weiter an Artikel 41 des Wiener Übereinkommens zu halten. Andere Botschaften wie die deutsche teilten lediglich den US-Tweet. Der Artikel weist Diplomaten an, sich nicht in innere Angelegenheiten des Empfangsstaats einzumischen. Hintergrund des Eklats ist eine von den Botschaftern gemeinsam unterzeichnete Forderung, den in der Türkei inhaftierten Kulturförderer Osman Kavala freizulassen. Es sei seine Aufgabe gewesen, „dieser Respektlosigkeit die notwendige Antwort zu geben“, sagte Erdogan. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) fordert bereits seit 2019 Kavalas Freilassung und argumentierte etwa mit einem Mangel an Beweisen.

Verwunderung im Ausland

Am Samstag hatte Erdogan verkündet, er habe das Außenministerium angewiesen, die Botschafter zehn westlicher Länder zu unerwünschten Personen („Persona non grata“) zu erklären. Der Kulturförderer Osman Kavala sitzt seit 2017 in Istanbul in Untersuchungshaft. Kavala wird beschuldigt, die regierungskritischen Gezi-Proteste in Istanbul 2013 unterstützt und angezettelt zu haben. Ihm wird außerdem „politische und militärische Spionage“ im Zusammenhang mit dem Putschversuch von 2016 vorgeworfen. Kritiker wie auch etwa der EGMR sehen die Vorwürfe als politisch motiviert.

International hatte die Ankündigung Erdogans für Verwunderung gesorgt. Die Bundesregierung hatte irritiert auf die angedrohte Ausweisung der Botschafter reagiert. Der EU-Botschafter in der Türkei, Nikolaus Meyer-Landrut, hat die Entspannung im Streit um eine drohende Ausweisung von westlichen Diplomaten begrüßt. Man könne hoffen, auf dieser Grundlage nun weiter zusammenzuarbeiten. Es gebe viele gemeinsame Interessen und Herausforderungen.

„Ich glaube, es ist jetzt ein für alle gesichtswahrender Ausweg gefunden worden.“