Die Ampel ist startklar

Politik / 07.12.2021 • 22:41 Uhr

SPD, Grüne und FDP unterzeichneten den Koalitionsvertrag. Heute wird Scholz zum Kanzler gewählt.

berlin Corona-Krise und außenpolitische Spannungen: Die deutschen Ampel-Parteien starten mit großen Herausforderungen in ihre gemeinsame Regierungsarbeit. Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bekräftigte am Dienstag in Berlin nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages mit Grünen und FDP, es müsse alle nötige Kraft für die Bewältigung der Corona-Pandemie gesteckt werden. Heute, am Mittwoch, sollte Scholz im Bundestag zum Kanzler gewählt und sein Kabinett vereidigt werden. Damit endet nach 16 Jahren die Ära von Angela Merkel (CDU).

Einschränkungen nötig

Scholz verteidigte Einschränkungen für Ungeimpfte als Mittel zum Brechen der vierten Corona-Welle. “Das heute uns alle beeinträchtigende Infektionsgeschehen rührt von den Ungeimpften her”, sagte er. Ganz klar sei es deshalb, dass Einschränkungen für diejenigen, die sich nicht haben impfen lassen, nötig seien. Er kritisierte Drohungen, wie sie es in Form eines Fackelaufmarsches vor dem Haus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) gegeben hatte.

Entsprechend äußerte sich FDP-Chef Christian Lindner. “Unser Staat ist eine wehrhafte Demokratie”, betonte er. Lindner vertrat die Ansicht, dass das durch die Ampel-Mehrheit im Bundestag geänderte Infektionsschutzgesetz zu einer gesellschaftlichen Befriedung beitragen könne. Denn wenn es auch künftig Grundrechtseingriffe im Kampf gegen Corona brauche, dann würden diese auf Basis von Parlamentsgesetzen vorgenommen und in öffentlicher Sitzung diskutiert.

Scholz zeigte sich auch besorgt über den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine. Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa setzten Prinzipien voraus, die in der Entspannungspolitik ausgehandelt worden seien und bis heute fortwirkten. “Dazu gehört die Unverletzlichkeit und Unverletzbarkeit der Grenzen. Es ist ganz, ganz wichtig, dass niemand in den Geschichtsbüchern wälzt, um Grenzen neu ziehen zu können.” Eine Bedrohung der Ukraine sei inakzeptabel.

Nicht ohne Zumutung

Der künftige Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck bezeichnete den geplanten deutlich schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien als große Kraftanstrengung. Der Grünen-Politiker sagte, bei allen Sonntagsreden, die es immer gebe für mehr Klimaschutz und den Ausbau der erneuerbaren Energien – dies werde “nicht ohne Zumutung” zu haben sein.

Der Bund wird nach Einschätzung Lindners, der künftig Finanzminister sein soll, im kommenden Jahr nicht mehr Kredite aufnehmen müssen als bisher geplant. Die Finanzplanung des bisherigen Finanzministers Scholz sei vorausschauend gewesen und enthalte auch Reserven für Unvorhergesehenes während der Corona-Pandemie.

Nach SPD und FDP hatten am Montag auch die Grünen dem 177 Seiten starken Koalitionsvertrag zugestimmt. Er trägt den Titel “Mehr Fortschritt wagen”. Zur Unterzeichnung hatten die drei Partner einen symbolträchtigen Ort ausgewählt, das Berliner Futurium, ein Zentrum für Ausstellungen zum Thema Zukunftsgestaltung.

„Das uns alle beeinträchtigende Infektionsgeschehen rührt von Ungeimpften her.“

Auswahl der Ampel-Vorhaben

» Mindestlohn soll von 9,60 auf zwölf Euro pro Stunde steigen

» Für Langzeitarbeitslose ersetzt das sogenannte Bürgergeld das umstrittene Hartz IV.

» Der Bau von jährlich 400.000 neuen Wohnungen ist geplant, die Mietpreisbremse für Neuvermietungen wird verlängert.

» 80 Prozent des Stroms sollen bis 2030 aus erneuerbaren Energien kommen.

» Schuldenbremse wird ab 2023 wieder eingehalten.

» Mindestalter für die Teilnahme an Bundestagswahlen sinkt auf 16 Jahre.

» Cannabis soll für Erwachsene künftig zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften erhältlich sein.

» Mindestalter zum Erwerb eines Pkw-Führerscheins soll sinken und begleitetes Fahren bereits ab 16 statt wie bisher mit 17 Jahren möglich sein.

» Das umstrittene Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche wird abgeschafft.