Darum blickt Virologe Nowotny optimistisch ins neue Jahr

Politik / 31.12.2021 • 05:00 Uhr
Darum blickt Virologe Nowotny optimistisch ins neue Jahr
Die Zahl der Neuinfektionen dürfte wegen der neuen Variante stark ansteigen. Reuters

Jänner und Februar bleiben dem Experten zufolge wegen Omikron aber eine Herausforderung.

Wien, Bregenz Die Aussichten sind nicht rosig. Die Omikron-Variante des Coronavirus breitet sich immer weiter aus, und das weltweit. Auch in Österreich zeichnet sich kein einfacher Jahresbeginn ab. Das Covid-Prognosekonsortium geht davon aus, dass sich die deutlich ansteckendere Variante immer stärker auf das Infektionsgeschehen auswirkt, auch wenn es mit Blick auf die Hospitalisierungen noch Unsicherheiten gibt. Der Virologe Norbert Nowotny glaubt bis Mitte Februar an „harte Zeiten“. Was die Zeit danach angeht, ist er recht optimistisch.

Über 100 bestätigte Omikron-Fälle

Die Sieben-Tages-Inzidenz ist derzeit vergleichsweise niedrig; sie liegt laut AGES-Dashboard bei etwa 189. In Vorarlberg beträgt der Wert 237. Die neue Variante ist in Wien bereits dominant, auch in Vorarlberg ist sie auf dem Vormarsch. Am Donnerstag befanden sich 93 Personen wegen einer Omikron-Infektion in Quarantäne. Das Land berichtete von insgesamt 108 bestätigten Fällen. In der Vorwoche lag der Anteil an den auf Mutationen untersuchten Proben bei 11,9 Prozent. Virologe Nowotny will nicht ausschließen, dass wegen Omikron ein weiterer Lockdown notwendig sein könnte, sollten die Spitäler und insbesondere die Intensivstationen an ihre Kapazitätsgrenzen gelangen. Prinzipiell ist der Experte der Veterinärmedizinischen Universität Wien für das neue Jahr aber hoffnungsfroh – auch wenn er einräumt, dass ein genauer Ausblick schwierig ist. 2022 könnte es seinen Einschätzungen zufolge zu einem Schritt hin zu einer endemischen Phase kommen, in der Corona zwar weiterhin auftritt, aber beherrschbar bleibt. Ausrotten ließe sich das Virus nicht; in den Herbst- oder Wintermonaten werde es neben der Grippe und anderen Viruserkrankungen auch zukünftig eine Rolle spielen.

„Ich gehe davon aus, dass wir nach der Omikron-Welle durchaus wieder einigermaßen zur Normalität übergehen können, nämlich in dem Sinn, dass keine Lockdowns mehr notwendig sind“, fasst der Experte zusammen. „Natürlich können wir nicht ausschließen, dass das Virus eine neue Variante hervorbringt, die genauso bösartig ist wie Omikron.“ Im Jänner und Februar müsse im Zuge der neuen Welle damit gerechnet werden, dass sich viele Menschen anstecken, auch Geimpfte, letztere mit milderen Verlauf. Es sei zu hoffen, dass die Bevölkerung danach durch Impfung oder Infektion genug Immunität aufgebaut habe, um zukünftigen Wellen den Schrecken zu nehmen, erklärt der Virologe weiter. Die allgemeine Impfpflicht werde helfen, auch wenn er Überzeugungsarbeit – abgesehen von Gesundheits- und Pflegeberufen – bevorzugt hätte. „Mit Omikron brauchen wir eine noch höhere Durchimpfungsrate, 85 bis 90 Prozent, damit effizient Infektionsketten durchbrochen werden können. Ich verstehe die Impfpflicht aus virologischer Sicht, aus persönlicher Sicht wäre es mir lieber, es ginge ohne.“

Darum blickt Virologe Nowotny optimistisch ins neue Jahr
Nowotny wäre Überzeugungsarbeit lieber gewesen als eine allgemeine Impfpflicht. Aus virologischer Sicht versteht er sie aber.

Dass zukünftig jährliche Auffrischungsimpfungen notwendig sein könnten, hält Nowotny für erwartbar. „Auch gegen die Grippe sollte man sich im Spätherbst impfen lassen. Bei Corona dürfte es ähnlich sein.“ Mittlerweile sind in Österreich rund 71 Prozent der Menschen vollständig geimpft, 68 Prozent in Vorarlberg. Etwa 40 Prozent erhielten bereits eine Booster-Impfung.

Positive Note

Der bisherigen Pandemiebekämpfung in Österreich gibt Nowotny unterm Strich eine positive Note. „Es gibt kleine Fehler, aber im Rückblick würde ich sagen, dass die Politik durchaus einen guten Job gemacht hat.“ Er vergleiche Österreich in diesem Zusammenhang immer mit den Nachbarländern Tschechien und Deutschland. „Blickt man auf die Infektionskurven, sieht man, dass wir in etwa in der Mitte liegen.“ Die Intensivstationen wären zwar manches Mal am Limit, doch nicht komplett überlastet gewesen. In Ungarn mit nur etwas mehr Einwohnern sei die Todesrate viel höher. Was hätte besser funktionieren können? „Die Politik hat zu wenig auf die Wissenschaft gehört und dann oft verspätet, manchmal zu spät reagiert.“