Patrioten

Politik / 23.01.2022 • 22:35 Uhr

Beim Verdauen aller möglichen Nachrichten grätscht oft Dichterfürst Goethe dazwischen: „Die Botschaft hör‘ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube‘‘. Wie jüngst bei der lautstarken Forderung von 103 „Patriotischen Millionären“ aus sechs Ländern, vom Finanzamt endlich kräftiger zur Kasse gebeten zu werden.

Denn für den staatlichen Kampf gegen allerlei gesellschaftliche Ungerechtigkeiten müsse umgehend eine „Reichensteuer“ her. Zu finanzieren von den gegenwärtig 21.9 Millionen Millionären auf der Welt und besonders von den 2.755 Milliardären. Etwa den 724 Über-Superreichen in den USA, 698 in China, 237 in Indien, 136 in Deutschland, 117 in Russland, 40 in der Schweiz und 9 in Österreich.

Die „Enteignungs“-Wehklagen von potentiell Betroffenen über schreckliche „Enteignung“ kamen schnell. Wofür überwiegend oder ganz Vermögenslose und kaum über die Runden kommende Arbeitnehmer wohl nur begrenztes Verständnis haben. Denn Multi-Multi-Millionäre oder 243fache Milliardäre (das sind jeweils 243.000 Millionen) wie beim Tesla-Musk, werden ihre Geldhaufen – wie immer sie entstanden sind – in ihrem Leben nicht verfrühstücken können.

Und die Politiker aller möglichen Schattierungen und mit teilmöbliertem sozialen Gewissen haben unausrottbare „Bedenken“. Viele preisen unverdrossen die „Trickle-down-Theorie“ mit der Warnung, dass höhere Steuern für Begüterte nur Investitionen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze verhindern. Was erwiesenermaßen nicht stimmt. Und womit mit Ronald Reagan und Margaret Thatcher schon das soziale Gefüge in den USA und Großbritannien ruinierten.

Politiker dieser Couleur schaffen nicht einmal die Verhinderung der Steuerflucht vieler Reicher in Steueroasen. Auch die jüngst angepeilte „Mindeststeuer“ wird nicht viel bringen. Und solche „Volksvertreter“ der Jetzt-Zeit sollen für die achtenswerte Forderung der „Patriotischen Millionäre“ nach höheren Steuern empfänglich sein? Da können noch so viele „Patriotische Millionäre“ zur Förderung des Gemeinwohls den Zwang zur gesetzlichen Steuererhöhung für ihre Klasse erflehen, daraus wird nichts.

Wenn die ganz-Reichen schon eine schreiende Ungerechtigkeit beenden wollen, warum machen sie es nicht selbst? Nicht nur ab und zu für eine „gute Sache“ spenden, sondern einfach Schecks mit vielen Nullen hinter ersten Zahl ans Finanzamt schicken. Schon ist die Sache erledigt. Für die Absender bleibt noch genug übrig. Hallo, hört jemand zu?

„Politiker dieser Couleur schaffen nicht einmal die Verhinderung der Steuerflucht vieler Reicher in Steueroasen.“

Peter W. Schroeder

berichtet aus Washington, redaktion@vn.at