Vorarlberger Volksabstimmung zur direkten Demokratie? “Bitte als Testlauf”

Initiative fordert landesweite Volksabstimmung zur direkten Demokratie und stößt im Landtag auf offene Ohren.
Bregenz Hildegard Breiner und Christoph Aigner hatten ein gutes Gefühl, als sie vergangene Woche den Rechtsausschuss im Landtag verließen. Sie präsentierten ihr Anliegen, die direkte Demokratie zu stärken und fühlten sich von den Landtagsabgeordneten durchaus unterstützt. Denn ein Ziel scheint sowohl die Mandatare als auch die Initiative „Volksabstimmen über Volksabstimmen“ zu einen: der Wunsch, auf Gemeindeebene wieder mehr Mitbestimmungsrechte zu verankern. Dafür ist allerdings eine Änderung der Bundesverfassung nötig, und eine österreichweite Volksabstimmung.
Initiativrecht beschnitten
Nach der Volksabstimmung rund um die Landesgrünzone in Ludesch und einer Beschwerde über das Ergebnis kippte der Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit, dass Gemeindebürger gegen den Willen der Gemeindevertretung eine Volksabstimmung initiieren können. Der Landtag „reparierte“ in Folge die betreffenden Gesetze. Die neue Lösung sieht vor, dass eine Volksabstimmung nur mit Rückhalt der Gemeindevertretung durchgeführt werden kann. Wehrt sie sich dagegen, findet eine unverbindliche Volksbefragung statt.

Umweltaktivistin Breiner bedauert, dass die Rechte der Bevölkerung mit dem Erkenntnis des Höchstgerichts beschnitten wurde. Sie fordert die Rückkehr zum Initiativrecht, wenngleich dafür eine bundesweite Volksabstimmung nötig wäre. Vor allem für den Natur- und Klimaschutz würden demokratiepolitische Fragen immer wichtiger. „Es geht ums menschliche Überleben. Da muss die Bevölkerung, die mit ihrem Bewusstsein schon viel weiter ist, mitreden können“, sagt Breiner.
“Länderdialog nutzen”
Im Rechtsausschuss präsentierte die Initiative „Volksabstimmen über Volksabstimmen“ insgesamt drei Forderungen. Zum einen soll Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) im Zuge des Vorsitzes in der Landeshauptleutekonferenz darauf achten, dass sich die Länder intensiv über demokratiepolitische Fragen austauschen, erklärt Christoph Aigner von der Initiative. „Er muss die Anwaltschaft für eine direkte Teilnahme und Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger übernehmen.“ Außerdem solle sich der Landtag für eine Änderung der Bundesverfassung stark machen, um das verlorene Volksabstimmungsrecht auf Gemeindeebene zurückzugewinnen. Ebenso müssten die demokratischen Defizite behoben werden. „Das ist natürlich ein längerer Prozess.“ In Zeiten der Vertrauenskrise wäre es aber gut, aktiv zu werden, hält Aigner fest. Breiner stimmt zu: „Es wäre eine Chance, Vertrauen wiederherzustellen. Das würde viel Sympathie auslösen.“
Die Oppositionsparteien im Landtag griffen bereits eine Forderung auf und richteten einen gemeinsamen Antrag an Landeshauptmann Wallner. Er müsse die Stärkung der direkten Demokratie im Rahmen der Landeshauptleute-Konferenz vorantreiben, fordern FPÖ, SPÖ und Neos.

Ruf nach Volksabstimmung
Die Initiative wünscht sich außerdem eine landesweite Volksabstimmung. Es soll eine Art Bedarfserhebung zum Thema sein, eine Art Testlauf vor einer österreichweiten Abstimmung, wie Aigner erklärt. Die vorgeschlagene Frage: „Sind Sie dafür, dass sich der Vorarlberger Landtag und die Vorarlberger Landesregierung (…) für eine Änderung der Bundesverfassung einsetzen, damit das bürgerliche Volksabstimmungsrecht (…) festgeschrieben wird?“

Die ÖVP steht dem Vorschlag einer solchen Volksabstimmung noch etwas zurückhaltend gegenüber. Aktuell würde ein Dialog zwischen den Ländern und der zuständigen Ministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) geführt, erklärt der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Landtag, Thomas Winsauer (ÖVP). Die Ergebnisse sollten jedenfalls abgewartet werden. Außerdem erinnert er an den Organisationsaufwand, den eine Volksabstimmung auslöse. Darauf macht auch Neos-Mandatar Johannes Gasser aufmerksam. „Man könnte aber überlegen, eine solche Abstimmung im Land gemeinsam mit einem anderen Wahlgang, zum Beispiel der Bundespräsidentenwahl zu kombinieren“, erklärt er. Eine Volksabstimmung böte schließlich die Möglichkeit ein Thema in einer besonderen gesellschaftlichen Breite zu diskutieren. Auch Eva Hammerer (Grüne) steht der Idee offen gegenüber: „Eine Volksabstimmung kann durchaus ein Appell sein und einen Mehrwert schaffen, wenn sie in eine Bildungsoffensive zu den Themen Demokratie, politische Bildung und Beteiligung eingebettet wird.“ SPÖ-Abgeordnete Manuela Auer, fände es gut, „wenn Vorarlberg hier eine Vorreiterrolle einnimmt und den Vorschlag der Initiative umsetzt“. FPÖ-Obmann Christof Bitschi erinnert daran, dass Bürgermitbestimmung nicht nur ein Schlagwort sein dürfe.




