Vorarlberger Betriebe in Russland und der Ukraine: “Man weiß nie, was passiert”

Politik / 22.02.2022 • 20:00 Uhr
Vorarlberger Betriebe in Russland und der Ukraine: "Man weiß nie, was passiert"
Doppelmayr, Pfanner, VN

Noch läuft das Tagesgeschäft wie gewohnt, berichten Pfanner, Collini und Doppelmayr. Man blickt aber mit Sorge auf die Entwicklungen.

Schwarzach Russland und die Ukraine sind als Handelspartner nicht zu unterschätzen. Umso mehr droht die Wirtschaft unter dem eskalierenden Konflikt zu ächzen. Auch österreichische Betriebe sind betroffen. Noch sei die Situation vor Ort ruhig, erklärt Gabriele Haselsberger, Delegierte der Wirtschaftskammer in Kiew. Geschäfte hätten offen, es werde produziert und auch beim Konsum seien keine Einbrüche zu verzeichnen. Dennoch werde die Gefahr natürlich ernst genommen.

Das erzählt auch Peter Pfanner, Chef der Pfanner Fruchtsäfte, der seit Jahren eine Produktionsstätte im Westen der Ukraine hält. „Wir befinden uns nicht im unmittelbaren Krisengebiet, sondern zwischen Kiew und der moldawischen Grenze. Wir arbeiten aktuell also ganz normal weiter.“ Sowohl Import als auch Export seien möglich. Die rund 200 Mitarbeiter der ukrainischen Pfanner-Niederlassung sind für Obstanbau und -verarbeitung zuständig. Als landwirtschaftlicher Betrieb befänden sie sich derzeit in der Nebensaison. Richtung Frühling werde es sicherlich kritischer: „Da müssen wir viel investieren, etwa in Saatgut und Düngemittel. Wir hoffen, dass sich die Lage bis dahin beruhigt“, sagt Pfanner.

Man könne sich nicht vorbereiten, sagt Peter Pfanner. <span class="copyright">Pfanner Fruchtsaft</span>
Man könne sich nicht vorbereiten, sagt Peter Pfanner. Pfanner Fruchtsaft

Er ist in der Ukraine krisenerprobt. Schließlich schwelt der Konflikt bereits mehrere Jahre. Vorbereiten könne man sich aber nicht. „Man weiß nie, was passiert.“ Als Russland die Krim annektierte, wurden Mitarbeiter seines Betriebs zum Militär eingezogen. „Zeitweise sind auch Lkw und Benzin beschlagnahmt worden. Davor ist man natürlich nicht gefeit.“

Exporte: 23,7 Millionen Euro in einem Halbjahr

Österreichische Unternehmen sind der sechstgrößte Auslandsinvestor in der Ukraine. Rund 200 heimische Firmen haben dort Niederlassungen. Aus Österreich werden hauptsächlich Maschinenbauerzeugnisse und Fahrzeuge, sowie chemische und medizinische Erzeugnisse exportiert. Wichtigste Importgüter aus der Ukraine nach Österreich sind Eisenerz, Holz und Waren daraus, als auch elektrische Maschinen. Aus Vorarlberg wurden alleine in der ersten Hälfte des vergangenen Jahres Exporte im Wert von 23,7 Millionen Euro in die Ukraine verzeichnet und Importe im Wert von rund zehn Millionen Euro.

Doppelmayr-Liftanlage in Sotchi: Die Vorarlberger Firma hat zwei Produktionsstandorte in Russland. <span class="copyright">Doppelmayr</span>
Doppelmayr-Liftanlage in Sotchi: Die Vorarlberger Firma hat zwei Produktionsstandorte in Russland. Doppelmayr

Die Importe aus Russland nach Vorarlberg bewegen sich mit 11,3 Millionen Euro in einer ähnlichen Größenordnung. Das Ausmaß der Exporte aus Vorarlberg in die russische Föderation ist mit rund 90 Millionen ersten Halbjahr 2021 deutlich höher.

Die Vorarlberger Firma Doppelmayr ist in Russland mit zwei Produktionsstandorten vertreten. Man beobachte die Entwicklungen genau, heißt es dort auf VN-Anfrage. Ob sich etwaige Sanktionen auf das Geschäft des Unternehmens auswirken, sei noch nicht absehbar.

<p>Unsicherheit sei für wirtschaftliches Arbeiten immer ungünstig, sagt Collini-CEO Reis. <span class="copyright">VN</span></p>

Unsicherheit sei für wirtschaftliches Arbeiten immer ungünstig, sagt Collini-CEO Reis. VN

Mit Sorge blickt auch Collini-CEO Günther Reis auf den Konflikt. Seine Firma führt einen Standort in Russland, in Nizhny Novgorod, rund 300 Kilomater südöstlich von Moskau. Insofern habe der Konflikt bislang keine Auswirkungen auf das Tagesgeschäft. „Wir sind relativ weit entfernt von den Krisengebieten und bedienen eigentlich nur den lokalen Markt.“ Weder importiere die russische Niederlassung noch exportiere sie. Daher sei vorerst auch nicht zu erwarten, dass Sanktionen schwere Folgen für Collini in Russland hätten. „Grundsätzlich ist Unsicherheit für wirtschaftliches Arbeiten aber immer ungünstig“, betont Reis. Er erzählt von russischen und ukrainischen Mitarbeitern an seinem Standort. „Wir sind froh, dass es zwischen ihnen ein gutes Einvernehmen gibt.“ Man werde die besorgniserregenden Entwicklungen weiter verfolgen.

500 russische Firmen in Österreich

Insgesamt haben 650 österreichische Unternehmen Niederlassungen in Russland, rund 500 russische Firmen hingegen in Österreich. Die wichtigsten Austro-Exportwaren nach Russland sind Maschinen und Anlagen, Pharmaerzeugnisse und Lebensmittel. Der Großteil der Importe aus Russland entfällt auf Erdgas und Erdöl (80 Prozent).