„Schleichendes Gift für den Rechtsstaat“

Leiter der Finanzprokurator und Kurzzeit-Innenminister Peschorn im U-Ausschuss.
wien Mit einem leidenschaftlichen Plädoyer gegen Korruption hat der Leiter der Finanzprokuratur seine Befragung im ÖVP-Untersuchungsausschuss eingeleitet. Konkret kritisierte Wolfgang Peschorn Seilschaften, die auf Entscheidungsträger der Republik einwirkten, sowie Berater- und Interessensnetzwerke. Dem U-Ausschuss riet er darauf zu achten, dass eine Vertrauensperson nicht in den Untersuchungsgegenstand involviert ist, wie dies im Ibiza-Untersuchungsausschuss bereits geschehen sei.
Qualifiziertes Personal nötig
Zur Verhinderung von Korruption braucht es laut Peschorn, der in seiner Funktion sozusagen Anwalt der Republik ist, loyales und qualifiziertes Personal, das nicht für Zurufe von außen anfällig sei. Die Finanzprokuratur sei Staat und Steuerzahler verpflichtet, weswegen sie immer wieder in Konflikt mit jenen komme, die den Staat für ihre eigenen Interessen nutzen wollen. “Sie sind das schleichende Gift für einen Rechtsstaat”, sagte Peschorn, der auch schon kurzzeitig Innenminister war. Er sprach auch Vorwürfe an die Finanzprokuratur an, wonach diese als Mittler zwischen dem Finanzministerium und Parlament Aktenlieferungen aus dem Ressort verzögert haben soll. Dies sei nicht geschehen. Zudem betonte er, dass sich ein Anfangsverdacht gegen ihn und Ex-Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) nicht bestätigt habe.
Vor Peschorn war als erste Auskunftsperson der Leiter der Gruppe Recht in der Präsidentschaftskanzlei von Alexander Van der Bellen, Georg Frölichsthal, befragt worden. Bei dem Juristen lag die inhaltliche Verantwortung über die vom Verfassungsgerichtshof angeordnete Exekution der Aktenlieferung im damals von Blümel geführten Finanzministerium im Ibiza-Ausschuss. Diesen bis dato einmaligen Vorgang beschrieb er als herausfordernd: “Es war eine riesige weiße Landkarte vor uns.” Zu etlichen Fragen, darunter zur Meinungsbildung in der Präsidentschaftskanzlei, wollte der Beamte nur in vertraulicher Sitzung Auskunft geben, da der Großteil der Akten in Stufe zwei (vertraulich) geliefert wurde und er sich an die Klassifizierung gebunden sehe. SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer zeigte sich irritiert: “Ich verstehe diese Geheimniskrämerei gar nicht. Ich weiß nicht, welches Geheimnis man da verraten könnte.” Nach der vertraulichen Befragung sagte Krainer, dass sich interessante Fragen zur Rolle des Nationalratspräsidenten und U-Ausschuss-Vorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP) im Zusammenhang mit der Aktenlieferung ergeben hätten. Diese werde man mit ihm als Befragungsperson diskutieren.