Gasstopp in Polen und Bulgarien: 150 österreichische Betriebe betroffen

Politik / 28.04.2022 • 17:45 Uhr
Gasstopp in Polen und Bulgarien: 150 österreichische Betriebe betroffen
Die europäische Union ringt um ein einheitliches Vorgehen bei der Versorgung mit Erdgas. Reuters/Dado Ruvic

Donald Tusk wirft Österreich vor, russische Gaslieferungen in Rubel zu bezahlen.

Wien Österreich, Deutschland, die Slowakei und die Niederlande besitzen die größten Gasspeicher in der EU. Sie sollen ihre Speicher schnell füllen, um die anderen EU-Länder bei einem eventuellen Lieferstopp durch Russland weiterversorgen zu können. Angesichts der aktuell hohen Gaspreise geht es jedoch auch darum, wer die Kosten übernimmt. Die EU-Kommission will im Mai Details vorlegen.

Eine Option wäre, dass die Kommission in Zukunft den Gaseinkauf der nationalen Gasversorger wie zum Beispiel der OMV koordiniert. Das würde verhindern, dass bei Verhandlungen mit Lieferanten die Preise in die Höhe getrieben werden. Der Gaspreis ist seit dem Lieferstopp für die ersten europäischen Länder gestiegen. Spanien und Portugal haben nun ein Preislimit für jenes Gas gezogen, das für die Stromproduktion gebraucht wird.

Tusk kritisiert Österreich

Insgesamt nahm Russland einer Studie des finnischen Forschungszentrums für Energie und saubere Luft (Crea) zufolge seit Beginn des Krieges am 24. Februar durch den Verkauf von Gas, Öl und Kohle 63 Milliarden Euro ein. Davon kamen rund 44 Milliarden aus der EU, das entspricht 71 Prozent der Erlöse. Deutschland hat Russland seit Beginn des Angriffskriegs in der Ukraine etwa 9,1 Milliarden Euro für fossile Energieträger gezahlt.

Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Donald Tusk, wirft Österreich, Ungarn und Deutschland vor, bereit zu sein, russische Gaslieferungen in Rubel zu bezahlen, wie Moskau es verlange. Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sagte am Mittwoch noch, dass die Gaslieferungen nach Österreich uneingeschränkt fließen und die OMV weiterhin in Euro bezahle. Laut Nehammer hat die OMV die russischen Bedingungen angenommen. So weit wollte ein OMV-Sprecher heute nicht gehen. Man habe den Vorschlag von Gazprom erhalten und geprüft und arbeite an einer sanktionskonformen Lösung, hieß es auf Anfrage. Die OMV weist jedoch einen Medienbericht zurück, wonach das Unternehmen in der Schweiz ein Rubel-Konto für die Bezahlung der Gaslieferungen von Russland eröffnen will.

In Vorarlberg liegt der Anteil von Gas am Endenergiebedarf bei rund 22 Prozent. Landesrat Daniel Zadra betont, dass durch die netztechnische Anbindung Vorarlbergs an den deutschen Markt auch die Entwicklung im Nachbarland von großer Bedeutung ist. Der Anteil von russischem Gas in Deutschland beträgt rund 50 Prozent.

„Es gibt kein Zurück mehr zu einem ‚Normalzustand‘ von davor“, so Zadra. „Wir können nur gemeinsam unabhängig von russischen Importen werden und das ist ein gemeinsames Projekt – sowohl innerhalb Österreichs als auch in Europa“.

Schramböck: Versorgung vor Umweltschutz

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) hat sich am Donnerstag neuerlich gegen einen Lieferstopp für Gas aus Russland ausgesprochen: “Wir brauchen das Gas. Betriebe müssen laufen und auch die Mitarbeiter beschäftigt werden.” Sie sei für ein einheitliches Vorgehen in der EU und nicht, dass einige Länder einen Gaslieferstopp machen und andere nicht. Wenn Unternehmen jetzt auf Öl umsteigen, dann befürworte sie das. Und: Die Versorgung stehe derzeit vor dem Umweltschutz.

Der Gaslieferstopp Russlands für Polen und Bulgarien trifft auch österreichische Firmen, die in diesen Ländern tätig sind. In Bulgarien werden 20 bis 30 Produktionsstätten von österreichischen Betrieben geführt. Laut Wirtschaftskammer haben österreichische Firmen 300 bis 350 Niederlassungen in Bulgarien. In Polen gibt es rund 650 Niederlassungen und etwa 130 Produktionsstätten.

Die börsennotierte Wienerberger betreibt zum Beispiel sowohl in Polen als auch in Bulgarien Werke, im Balkanstaat eine der größten Ziegelfabriken Europas. Die Gaslager seien aber aufgefüllt, betonte Wienerberger. Insgesamt ist Österreich in Bulgarien mit Bauwirtschaft, Metallverarbeitungs- und Industriegüterproduktion, Holzverarbeitungsindustrie, Sport- und Textilindustrie produzierend vertreten. VN-JUS