Wie Vorarlberg von einem Visastopp für russische Touristen betroffen wäre

Politik / 18.08.2022 • 15:15 Uhr
Die Pässe russischer Urlauber werden an einem Grenzübergang in Finnland überprüft. <span class="copyright">AFP</span>
Die Pässe russischer Urlauber werden an einem Grenzübergang in Finnland überprüft. AFP

EU-weite Debatte: Mehrere Länder setzten bereits Schritte. Österreich ist dagegen.

Wien, Bregenz Dürfen bald keine russischen Touristinnen und Touristen nach Europa kommen? In der Europäischen Union tobt eine Debatte über einen weitgehenden Vergabestopp für Visa an sie. Einige Länder sind bereits vorgeprescht, Österreich reagiert ablehnend und argumentiert mit der russischen Zivilgesellschaft. Der Anteil von Urlaubern aus Russland ist zuletzt schon wegen der Coronapandemie deutlich gesunken.

Staaten schränkten ein

„Ich finde es nicht richtig, dass russische Bürger als Touristen in die EU, den Schengenraum einreisen und Sightseeing machen können, während Russland Menschen in der Ukraine tötet“, fand zuletzt die finnische Regierungschefin Sanna Marin deutliche Worte. Wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine haben bereits mehrere EU-Staaten der Vergabe von Schengen-Visa an russische Bürgerinnen und Bürger eingeschränkt: Estland, Lettland, Litauen und Tschechien. Finnland will ab September folgen, Polen wälzt ähnliche Überlegungen. Dänemark pocht zwar auf eine EU-Lösung, will andernfalls aber ebenfalls handeln. Zum Schengenraum gehören 26 europäische Länder, darunter Österreich, aber zum Beispiel auch die Nicht-EU-Länder Schweiz und Liechtenstein.

Der Flugverkehr zwischen Russland und der EU ist wegen des Kriegs bereits eingestellt worden. Betroffen sind nun vor allem die angrenzenden Länder, darunter Estland. Es hat nun einen besonders deutlichen Schritt gesetzt. Selbst wer ein von dem Land ausgestelltes Schengen-Visum hat, darf nicht mehr in das baltische Land einreisen. Die Vergabe von Visa und Aufenthaltsgenehmigungen an Russinnen und Russen wurde bereits weitgehend ausgesetzt. Weiter über die Grenze dürfen aber russische Bürgerinnen und Bürger mit von anderen EU-Mitgliedern ausgestellten Visa für den Schengenraum.

Österreich lehnt die Maßnahme ab. Das Ressort von Alexander Schallenberg argumentiert unter anderem mit der Zivilgesellschaft aus Russland. <span class="copyright">AP</span>
Österreich lehnt die Maßnahme ab. Das Ressort von Alexander Schallenberg argumentiert unter anderem mit der Zivilgesellschaft aus Russland. AP

Österreich spricht sich gegen einen Visastopp aus. In einer an die VN übermittelten Stellungnahme verwies das Außenministerium auf die sechs verabschiedeten Sanktionspakete der EU in den vergangenen Monaten. Die Maßnahmen zielten bereits auf mehr als 1200 Einzelpersonen und knapp 110 Organisationen ab, und träfen jene, die für den Angriffskrieg verantwortlich seien, sowie (kriegs-)relevante Wirtschaftszweige. Mit einem allgemeinen Visastopp würden hingegen die Zivilgesellschaft, Oppositionelle, aber beispielsweise auch Angehörige von Österreicherinnen und Österreicher aus der EU ausgesperrt. „Es wäre auch bei den laufenden Anstrengungen gegen die russische Desinformation kontraproduktiv“, gibt das Ressort von Alexander Schallenberg (ÖVP) zu bedenken. In Russland gilt derzeit ein Nachrichtenembargo.

Ein grundsätzliches Einreiseverbot für russische Bürgerinnen und Bürger in Europa ist jedenfalls keine Option. Die EU-Kommission ließ zuletzt wissen, dass jeder Antrag einzeln geprüft werden müsse. Nach einer Einzelfallprüfung könnten Anträge abgelehnt werden – als Grund kommt etwa in Frage, wenn die betroffene Person eine Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder die internationalen Beziehungen darstellt. Bestimmte Personen müsste immer ein Visum ausgestellt werden, beispielsweise Journalisten oder Dissidenten.

Wien, Tirol und Salzburg als Ziele

Derzeit kommen bereits deutlich weniger Urlauber aus Russland nach Österreich als früher. „Grundsätzlich hat es bereits durch die Coronapandemie einen starken Rückgang im Zusammenhang mit den Ankünften und Nächtigungen von russischen Gästen gegeben“, teilte ein Sprecher von Österreich Werbung auf VN-Nachfrage mit. Die Auswirkungen wären also ohnehin nicht mehr so dramatisch. Bevorzugte Ziele der russischen Touristinnen und Touristen sind Wien, Tirol und Salzburg, und zwar eher im Winter. Vorarlberg spielt eine untergeordnete Rolle.

Im letzten normalen Urlaubsjahr 2019 machten die Nächtigungen russischer Touristen in Österreich einen Anteil von 0,8 Prozent aus. Das waren in ganzen Zahlen immerhin 1,2 von rund 153 Millionen, in Vorarlberg 16.000 von insgesamt 9,2 Millionen Nächtigungen (0,12 Prozent). Die Pandemie sorgte österreichweit für einen deutlichen Rückgang in den letzten beiden Jahren (520.000 beziehungsweise 96.000 Nächtigungen). Wie Österreich Werbung ausführt, brach der Anteil 2021 mit 0,03 Prozent in Vorarlberg sogar beinahe vollständig ein.