Atomkraftwerk vom Stromnetz genommen

Einmaliger Vorgang in dem von Russland besetzten AKW.
kiew Das von der russischen Armee kontrollierte Atomkraftwerk in Saporischschja ist vollständig vom ukrainischen Stromnetz abgekoppelt worden. Wie die ukrainische Betreibergesellschaft Energoatom am Donnerstag mitteilte, wurden die beiden zuletzt noch arbeitenden Reaktoren der Anlage vom Netz genommen. Dies sei das erste Mal in der Geschichte der Anlage geschehen. Grund seien Brandschäden an Stromleitungen. Es werde daran gearbeitet, die beiden Reaktoren wieder an das Netz anzuschließen, so Energoatom. Das Sicherheitssystem funktioniere. Zuvor waren aus weiten Teilen der von russischen Truppen kontrollierten Regionen Saporischschja und Cherson Stromausfälle gemeldet.
Keine Gefahr für Österreich
Für Österreich bestehe keine Gefahr, teilte das Klimaschutzministerium mit. Es gebe aktuell keinen Hinweis auf erhöhte Strahlung im Bereich des AKW. In den letzten Wochen war das größte Atomkraftwerks Europas mehrfach unter Beschuss geraten, was Ängste vor einer Katastrophe schürte. Beide Kriegsparteien machen sich gegenseitig verantwortlich. Energoatom warf den Besatzern vor, einen Anschluss der Gebiete an das russische Stromnetz vorzubereiten. Die Anlage verfügt über sechs der 15 Reaktoren der Ukraine, die vier Millionen Haushalte mit Strom versorgen können. Die russische Armee hatte das Kraftwerk am 4. März eingenommen. Eine Abkoppelung vom Stromnetz gefährdet Experten zufolge auch die zwingend notwendige Kühlung der Reaktoren.
Angriff auf Bahnanlagen
Die Ukraine hatte am Mittwoch den 31. Jahrestag ihrer Unabhängigkeit von der Sowjetunion begangen – ein halbes Jahr nach dem russischen Überfall vom 24. Februar. Vorab hatte Kiew vor zusätzlichen russischen Angriffen gewarnt. Tatsächlich wurde dann unter anderem ein Raketeneinschlag auf die Bahnanlagen in Tschaplyne gemeldet. Bis Donnerstag stieg die Zahl der Todesopfer nach ukrainischen Angaben auf mindestens 25, darunter zwei Kinder. Zudem seien 31 Menschen verletzt worden. Moskau lieferte eine andere Version: Getötet worden seien bei dem Schlag mit einer Iskander-Rakete mehr als 200 ukrainische Soldaten, die für Kämpfe im Donbass bestimmt gewesen seien. Kremlchef Wladimir Putin ordnete unterdessen eine Vergrößerung der russischen Armee an. 2023 soll die Zahl der Soldaten um 137.000 auf rund 1,15 Millionen wachsen.