Das bleibt nach dem Ende der Kalten Progression in der Geldbörse

Politik / 14.09.2022 • 05:45 Uhr
Mehr Netto vom Brutto: Die Kalte Progression soll fallen. <span class="copyright">APA/Barbara Gindl</span>
Mehr Netto vom Brutto: Die Kalte Progression soll fallen. APA/Barbara Gindl

Am Mittwoch wird zudem die Valorisierung der Sozialleistungen im Ministerrat beschlossen

Wien Die Regierung einigte sich auf die Details zur Abschaffung der Kalten Progression und zur automatischen Inflationsanpassung der Sozialleistungen. Am Mittwoch soll der Beschluss im Ministerrat erfolgen. Abgeschafft wird die schleichende Steuererhöhung mit Jahresbeginn 2023.

1,85 Mrd. Euro

Nach Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) und Instituts für Höhere Studien (IHS) spült die durch die Kalte Progression verursachte schleichende Steuererhöhung dem Finanzminister 1,85 Mrd. Euro in die Staatskassa. Bis zuletzt waren einige Punkte noch offen. So sollten zwei Drittel dieser 1,85 Milliarden Euro automatisch bei den Steuerzahlern bleiben, das verbleibende Drittel aber gezielt eingesetzt werden. Wie, war noch unklar, informiert das Bundeskanzleramt.

Nun steht fest, dass die noch diskutierten rund 617 Millionen Euro, für Entlastungsmaßnahmen verwendet werden und vor allem kleineren und mittleren Einkommen zugutekommen sollen.

“Mehr Geld zum Leben”

Mit der Valorisierung der Sozial- und Familienleistung wird zudem erstmals jährlich angepasst. Das umfasst eine automatische Erhöhung des Kranken-, Reha- und Umschulungsgelds, der Studienbeihilfe, Familienbeihilfe, des  Mehrkindzuschlags und Kinderabsetzbetrags. „Wir können es uns nicht leisten, jetzt nicht zu helfen. Da die Inflation längerfristig hoch bleibt, müssen wir nun festgefahrene Strukturen ändern, um den Menschen mehr Geld zum Leben zu geben”, sagt Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) vor dem Beschluss im Ministerrat.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) nannte die Abschaffung der Kalten Progression einen „historischen Schritt“. Damit werde vor allem der Mittelstand entlastet, denn dieser leiste einen „immensen Beitrag zum Wohlstand in Österreich“.

Lob und Kritik

Auch wenn die Umsetzung nicht ganz perfekt sei: Für die fast gänzliche Abschaffung dieser schleichenden Steuererhöhung gebührt der Regierung Anerkennung, sagt Franz Schellhorn, Direktor der Agenda Austria, den VN: “Der Schönheitsfehler ist, dass die Kalte Progression nicht komplett abgeschafft wurde, sondern nur für die untersten Tarifstufen. Das führt im schlechtesten Fall zu noch mehr Teilzeitanreizen, weil Mehrarbeit stärker belastet bleibt.” Niemand in diesem “Hochsteuerland”, so Schellhorn, habe es verdient, dass der Staat versteckt noch einmal zugreift und den Arbeitnehmern die Inflationsabgeltung der Löhne besteuert.

Weniger Netto vom Brutto

Die Kalte Progression ist ein Effekt, der durch das Zusammenwirken eines progressiven Steuertarifs, der Inflation und Gehaltserhöhungen entsteht. Gehälter werden jedes Jahr angehoben, die Tarifstufen blieben aber unverändert. Wenn die Einkommen steigen, die Tarifstufen aber fix sind, erhöht sich die Steuerleistung, wenn man in eine höhere Stufe vorrückt. Folge: Von der Bruttoerhöhung bleibt netto weniger über.

Die Kalte Progression belastet laut Berechnungen der Agenda Austria eine Person mit einem Einkommen von 2000 Euro Bruttomonatslohn mit 125 Euro für das Jahr 2022, 402 Euro für das Jahr 2023, 660 für das Jahr 2024 und 789 Euro für das Jahr 2025.