Christian Wehrschütz im Interview: “Achillesferse der Ukraine ist Europa”

Das Reporter-Gesicht Österreichs im Ukraine-Krieg war auf Vorarlberg-Tour.
Schwarzach Für den 61-jährigen ORF-Starreporter war es klar, dass die Russen auf die Beschießung der Krim-Brücke scharf reagieren würden. Die ukrainische Armee sei dank Nato-Hilfe gut aufgestellt, doch könne Russland das Land immer noch in die Steinzeit bomben.
Aus aktuellem Anlass gleich die Frage. Haben Sie mit dieser Reaktion der Russen auf die Beschießung der Krim-Brücke gerechnet?
Für mich gab es keinen Zweifel. Der Beschuss der Krim-Brücke war ein Rubikon. Es ist in mehrfacher Hinsicht ein massiver Schlag gegen Russland. Die Krim-Brücke war ein Symbol mit der Botschaft: Wir sind gekommen um zu bleiben. Für mich gab es keinen Zweifel. Der Beschuss der Krim-Brücke war ein Rubikon. Es ist in mehrfacher Hinsicht ein massiver Schlag gegen Russland. Die Krim-Brücke war ein Symbol mit der Botschaft: Wir sind gekommen, um zu bleiben. Zudem ist die Krim-Brücke ein entscheidender Faktor für die Versorgung der russischen Streitkräfte im Süden. Auch war dieser Angriff etwas, was man nicht geheim halten konnte. Für die Russen war es eine Ohrfeige für die eigene Verteidigungsfähigkeit. Das beweist auch der Rücktritt des Verteidigungsministers und des Generalstabschefs.
Welches Ziel verfolgen diese russischen Bombardements?
Sie verfolgen das Ziel, ukrainische Infrastruktur zu zerstören. Die Russen sind ja militärisch immer noch in der Lage, die Ukraine in die Steinzeit zu bomben. Die Frage ist: Warum hat man zum Beispiel die Philharmonie beschossen. Wollten sie womöglich das Büro von Selenskyi treffen? Wenn man Vergleiche zu Mariupol, Bachmut oder Charkiw anstellt, muss man sagen: Kiew hat bisher den Krieg sehr gut überstanden. Man wird bald sehen, welche Dimension die Angriffe jetzt annehmen werden.

Was bedeuten diese Angriffe für das Momentum in diesem Krieg?
Die Russen haben im Moment das Gesetz des militärischen Handelns verloren. Für die Ukrainer geht es darum, so viele Meter wie möglich zu machen, um gute Verteidigungsstellungen aufbauen zu können, die Russen auf die andere Seite des Die Russen haben im Moment das Gesetz des militärischen Handelns verloren. Für die Ukrainer geht es darum, so viele Meter wie möglich zu machen, um gute Verteidigungsstellungen aufbauen zu können, die Russen auf die andere Seite des Dnjeprs zurückzuschlagen und so viel wie möglich zu erreichen, bis die Teilmobilisierung möglicherweise Wirkung zeigt. Die Ukraine-Streitkräfte sind mittlerweile die am besten mit Nato-Waffen ausgestatteten, die es gibt. Im Bereich der Gefechtsfeldaufklärung haben die Ukrainer zudem unschätzbare Vorteile, weil die Amerikaner mit ihnen die Daten teilen.
Aber können diese schweren Angriffe die Moral der Ukrainer brechen?
Nein, die Achillesferse der ukrainischen Bevölkerung ist nicht sie selbst, sondern die Bevölkerung in Europa.
Haben Sie nicht gelegentlich Angst bei Ihrer Arbeit?
Nein. Denn wenn ich das hätte, dann dürfte ich nicht in solche Gebiete fahren. Ich bin auch nicht ein Kriegsreporter wie andere. Ich bin ein Korrespondent, der in Ländern tätig ist, wo es Konflikte gegeben hat. Wo ich mich aber auskenne und die Landessprache beherrsche.
Neues Buch
Der Hauptprogrammpunkt von Christian Wehrschütz bei seinem Vorarlberg-Besuch war die Präsentation seines neuen Buches. Es trägt den Titel “Mein Journalistenleben zwischen Darth Vader und Jungfrau Maria”. Er bietet dabei außergewöhnliche Einblicke in seine Arbeit, die alles andere als ungefährlich ist. Wehrschütz greift in seinem Buch auf den reichen und mannigfaltigen Erfahrungsschatz zurück, den er sich bei seinen Einsätzen angeeignet hat.