Kaum da und schon wieder weg

Politik / 20.10.2022 • 22:45 Uhr
Am Donnerstag erklärte die 47-Jährige: „Ich erkenne an, dass ich in dieser Situation das Mandat, mit dem ich von der Konservativen Partei gewählt wurde, nicht erfüllen kann.“ AP

Am Donnerstag erklärte die 47-Jährige: „Ich erkenne an, dass ich in dieser Situation das Mandat, mit dem ich von der Konservativen Partei gewählt wurde, nicht erfüllen kann.“ AP

Britische Premierministerin kündigt nach wenigen Wochen ihren Rücktritt an.

london Nach nur gut sechs Wochen im Amt hat die britische Premierministerin Liz Truss ihren Rücktritt angekündigt. „Ich habe mit dem König gesprochen, um ihm mitzuteilen, dass ich als Chefin der Konservativen Partei zurücktrete“, sagte die Politikerin am Donnerstag bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in der Londoner Downing Street. Als Premierministerin will sie noch im Amt bleiben, bis eine Nachfolge gefunden ist. Dieser Prozess solle bereits innerhalb der kommenden Woche ablaufen.

Nachfolge unklar

Nach Angaben der britischen Nachrichtenagentur PA ist Truss damit auf dem Weg, als britische Regierungschefin mit der kürzesten Amtszeit in die Geschichte einzugehen. Wer ihre Nachfolge antreten wird, ist unklar. Es gab zunächst keine klaren Favoriten. Der erst kürzlich ins Amt gekommene Finanzminister Jeremy Hunt lehnte Berichten zufolge eine Kandidatur umgehend ab. Ex-Finanzminister Rishi Sunak war im Sommer in einer Stichwahl um die Nachfolge von Ex-Premier Boris Johnson gegen Truss unterlegen. Doch er gilt als umstritten in der Fraktion. Als mögliche Alternativen gelten auch die für Parlamentsfragen zuständige Ministerin Penny Mordaunt und Verteidigungsminister Ben Wallace.

Wer auch immer es wird: Die konservative Fraktion will bis zum 31. Oktober einen neuen britischen Premierminister ins Amt gehoben haben, wie Graham Brady, der Vorsitzende des mächtigen 1922-Komitees der Konservativen Fraktion mitteilte. „Wir sind uns sehr bewusst über die Notwendigkeit im Sinne des nationalen Interesses, dies sehr schnell und klar zu regeln“, sagte Brady. Im Sommer hat sich die Findung eines Nachfolgers des skandalgeplagten Ex-Premiers Boris Johnson wochenlang hingezogen. Berichten der „Times“ und des „Telegraph“ zufolge plant Johnson auch selbst eine erneute Kandidatur.

Oppositionschef Keir Starmer von der Labour-Partei forderte eine sofortige Neuwahl. Truss war bereits ohne eigenes Mandat ins Amt gekommen, nachdem sie im vergangenen Monat den skandalumwitterten Boris Johnson abgelöst hatte. Auch die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon forderte eine Parlamentswahl.

Finanzchaos ausgelöst

Truss stand massiv unter Druck, seit sie mit geplanten Steuererleichterungen ein Finanzchaos ausgelöst hatte und später eine Kehrtwende hinlegen musste. Erst am vergangenen Freitag hatte Truss ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng entlassen und durch den früheren Außenminister Jeremy Hunt ersetzt. Hunt machte am Montag fast alle Bestandteile ihrer erst Ende September verkündeten Steuerpolitik wieder rückgängig.

Am Mittwoch beschleunigte das Ausscheiden von Innenministerin Suella Braverman den Verfall der Regierung. Zudem kam es im Parlament zu tumulthaften Szenen. Teilweise sollen konservative Abgeordnete eingeschüchtert und bedrängt worden sein, damit sie für die Regierung abstimmen. Viele Beobachter bezeichneten die Szenen als nie da gewesen. Viele Beobachter bezeichneten die Szenen als nie da gewesen. Der Labour-Abgeordnete Chris Bryant sagte der BBC, konservative Kollegen hätten an seiner Schulter geweint.

Rund 24 Stunden vor ihrem Rücktritt hatte Truss bei der Fragestunde im britischen Unterhaus beteuert, nicht aufgeben zu wollen und „eine Kämpferin“ zu sein.

„Ich habe mit dem König gesprochen, um ihm mitzuteilen, dass ich als Parteichefin zurücktrete.“

Ex-Premier Boris Johnson soll Medienberichten zufolge eine neue Kandidatur als Premier planen. AFP

Ex-Premier Boris Johnson soll Medienberichten zufolge eine neue Kandidatur als Premier planen. AFP

Buchmacher nehmen bereits Wetten entgegen, wer der Kurzzeit-Regierungschefin nachfolgen könnte. AP

Buchmacher nehmen bereits Wetten entgegen, wer der Kurzzeit-Regierungschefin nachfolgen könnte. AP

Diese Aufnahme stammt von der wöchentlichen Audienz der Premierministerin mit König Charles vergangene Woche. REUTERS

Diese Aufnahme stammt von der wöchentlichen Audienz der Premierministerin mit König Charles vergangene Woche. REUTERS

Erst kürzlich hatte Truss ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng (links) entlassen und durch Jeremy Hunt ersetzt. Dieser nahm fast alle Bestandteile der erst verkündeten Steuerpolitik zurück. AP

Erst kürzlich hatte Truss ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng (links) entlassen und durch Jeremy Hunt ersetzt. Dieser nahm fast alle Bestandteile der erst verkündeten Steuerpolitik zurück. AP