Peter Schröder

Kommentar

Peter Schröder

Verrohung

Politik / 07.11.2022 • 08:00 Uhr

Aus eigenem Erleben, aus Zeitungen, Fernsehen und  Rundfunk, den oft bestürzend mehr asozialen als Sozialen Medien, am Arbeitsplatz, zu Hause, am Ess- und am Wirtshaustisch wird immer klarer, dass die Welt immer mehr verroht und brutaler wird und mitmenschliche Regeln zur Makulatur geworden sind. Gesellschaftlich, politisch und alltäglich.

Die Nachrichten vom bestialisch geführten russischen Krieg in der Ukraine, den zusätzlich in mehr als 30 anderen Ländern der Welt vom Zaun gebrochenen, von Umsturzversuchen und Demokratiebeseitigungen nicht nur in den USA, gewalttätigen Demonstrationen mit Toten und Verletzen, von Massenmorden, Entführungen, widerwärtigem Menschenrechtsverletzungen nicht nur im Fußball-WM-Land Katar, von eingekerkerten Minderheiten in chinesischen Konzentrationslagern und auch anderswo, werden täglich frei Haus geliefert.

Gar nicht so weit weg von uns sind anti-Semitische Vorfälle, Brandanschläge und Überfälle auf Asylbewerber-Unterkünfte zu beklagen. In Großbritannien will die gegenwärtige Regierung “illegale Einwanderer” wie Recycling-Müll ins afrikanische Ruanda entsorgen. Aus fast überall in der Welt wird von Massakern berichtet, von Autobahnbrücken werfen Menschen Steine auf Fahrzeuge, Politiker initiieren Hasskampagnen, Konzerne und andere Unternehmen plündern mit Preistreiberei in lebensbedrohende Armut und Verzweiflung getriebene Konsumenten aus.

Die unvollständige Liste der Ungerechtigkeiten und Freiheitsbeschränkungen ließe sich seitenweise fortsetzen.

Die unvollständige Liste der Ungerechtigkeiten und Freiheitsbeschränkungen ließe sich seitenweise fortsetzen und übersteigt schon seit Langem menschliche Leidensfähigkeit. Das Geschäft des Tötens und des Verursachens vielfältiger Leiden wird nicht nur mit militärischen Waffen betrieben. Und es ist zu beklagen, dass der Schlachtruf der Französischen Revolution von “Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit” in den vergangenen mehr als 230 Jahren in Vergessenheit geraten ist.

Es ist allerhöchstens Zeit, sich auch mit Hilfe der etablierten Medien darauf zurück zu besinnen. Denn sie dokumentieren nicht nur Ungerechtigkeiten und Fehlentwicklungen, sie handeln auch als Frühwarnstationen beim Entstehen unheilvoller Entwicklungen in fernen Gegenden und ihr mögliches Ausbreiten in heimatliche Gefilde. Und sie bemühen sich, ihrem Auftrag als vor Fehlentwicklungen warnendes Sprachrohr der Gefährdeten und Bedrängten nachzukommen.

Jeder und jede Einzelne hat die Pflicht, die eigenen Erwartungen friedvoll zu artikulieren. Das Hinnehmen des Abwrackens von “Liberté, Egalité, Fraternité” ist keine akzeptable Alternative.