Hitler am Ziel, Republik am Ende

Politik / 29.01.2023 • 22:31 Uhr
Im Jahr 1933 ernannte Hindenburg Hitler, den Vorsitzenden der NSDAP, zum Reichskanzler. AP
Im Jahr 1933 ernannte Hindenburg Hitler, den Vorsitzenden der NSDAP, zum Reichskanzler. AP

Vor 90 Jahren kam es zum fatalen Machtwechsel. Es beginnt der Weg in Diktatur, Krieg und Völkermord.

berlin Der 30. Jänner 1933 ist in Berlin ein frostiger Wintertag. Am Vormittag empfängt Reichspräsident Paul von Hindenburg Adolf Hitler, Kopf der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), und Franz von Papen, Reichskanzler a.D. Die „Spandauer Zeitung“ titelt: „Hitler Reichskanzler“. Darunter: „Ein dichter Nebel lagert in diesen Tagen über dem politischen Deutschland. Völlig dunkel ist der Weg in die Zukunft.“ 90 Jahre nach diesem fatalen Jännermorgen am Ende der Weimarer Republik ist bekannt, wohin der Weg führte – in Diktatur, Krieg und Völkermord. Millionen Menschen wurden verfolgt, bekämpft und ermordet, Europa zerstört, Deutschland geteilt.

„In den 1950er und 1960er Jahren herrschte die These vor, dass diese Republik von Anfang an zum Scheitern verurteilt war wegen der Fehler in der Verfassung, der Krisen und der Folgen des Versailler Vertrags“, sagt der Berliner Historiker Thomas Sandkühler. „Heute sieht man die Weimarer Republik in einem deutlich helleren Licht als demokratische Neugründung. Damit hat der 30. Jänner allerdings fast noch eine höhere Qualität mit diesem Absturz in die Diktatur, weil die Demokratie durchaus Überlebenschancen gehabt hätte.“ Die 1918 gegründete Weimarer Republik kämpft mit den Folgen des Ersten Weltkriegs, Hyperinflation, Putschversuchen und politischen Morden. Die Weltwirtschaftskrise 1929 und die Massenarbeitslosigkeit bringen sie endgültig ins Schlingern. Die NSDAP, 1928 bei 2,6 Prozent, kommt bei der Reichstagswahl im September 1930 bereits auf 18,3 Prozent der Stimmen. Zugleich erreicht die Kommunistische Partei 13,1 Prozent. Zwischen den Extremen findet die Mitte keinen Regierungskonsens mehr. Reichspräsident Hindenburg ernennt in schneller Folge rechts-konservative Kanzler ohne Mehrheit, die per Notverordnung regieren und sich nur wenige Monate halten. Im Juli 1932 wird die NSDAP stärkste Partei mit 37,4 Prozent. Im November 1932, abermals Wahl, liegt die NSDAP wieder vorn, aber nur noch mit 33,2 Prozent. 

Reichstag aufgelöst

Reichskanzler wird Ende 1932 der frühere General Kurt von Schleicher. Doch Vorgänger Franz von Papen will zurück an die Macht und paktiert mit Hitler. Am 28. Jänner tritt von Schleicher zurück. Hindenburg akzeptiert Hitler als Reichskanzler, von Papen wird Vize. Am 30. Jänner ziehen NS-Fackelträger durchs Brandenburger Tor. Am 1. Februar löst Hindenburg den Reichstag auf und plant am 5. März Neuwahlen. Binnen weniger Tage werden die Pressefreiheit beschnitten, Schlüsselpositionen der Polizei an Nazis vergeben, Schießbefehl erteilt, Zehntausende Angehörige der SA zu Hilfspolizisten erklärt. Kommunisten und Sozialdemokraten werden verprügelt, verhaftet, erschossen. Am 27. Februar wird der Reichstag in Brand gesetzt, unter nie ganz geklärten Umständen. Die Nazis sprechen von einem kommunistischen Komplott und nutzen den Vorwand für eine noch schärfere Gangart. Am Wahltag legt die NSDAP auf 43,9 Prozent zu. Mit der Deutschnationalen Volkspartei hat sie eine knappe Mehrheit. Hitler braucht das Parlament nur noch einmal: für das sogenannte Ermächtigungsgesetz vom März 1933. Die KPD kann ihre Mandate nicht mehr wahrnehmen, die SPD stimmt dagegen – alle anderen Parteien votieren für das Ende der Demokratie.