Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Zu dir oder zu mir?

Politik / 10.02.2023 • 06:30 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Die neun Bildungsdirektionen wurden 2019 als gemeinsame Schulbehörden des Bundes und der Länder eingerichtet. Ziel der Reform war es, Doppelgleisigkeiten in der Schulverwaltung zu bereinigen und eine einheitliche Behörde zu schaffen. Über die alles entscheidende Frage konnte man sich freilich nicht einigen, nämlich: zu dir oder zu mir? Zum Bund oder zum Land?

„Weshalb soll in der Bildungsdirektion nicht funktionieren, was beispielsweise in jeder Bezirkshauptmannschaft funktioniert?“

Wer dem herrschenden Bildungszentralismus in Österreich kritisch gegenüber stand und für eine regionale Bildungslandschaft eintrat, für den konnte die Antwort nur lauten: „zu mir“, womit gemeint ist, dass die neue Schulverwaltung eine Landesbehörde sein sollte. Wer hingegen noch die letzte Schulbank einer Dorfschule der ministeriellen Aufsicht unterworfen wissen wollte, entschied sich natürlich für eine Bundesbehörde.

Resultat dieser Uneinigkeit war ein typisch österreichischer, etwas „hatscherter“ Kompromiss. Es wurde die erste hybride Behörde Österreichs geschaffen: viel Bund, aber auch etwas Land. In der Einrichtung werkeln Bundes- und Landesbedienstete nebeneinander, die einen zwar besser bezahlt, bei den anderen zählt dafür die Mittagspause zur Dienstzeit, die einen haben am Landesfeiertag frei, die anderen nicht. So etwas fördert nicht unbedingt das Betriebsklima, wie der Rechnungshof in einem jüngsten Bericht festhält, das sind aber letztlich bewältigbare Probleme.

Auch dass die Bildungsdirektionen einerseits den Weisungen des Ministeriums, andererseits der Landesregierung unterworfen seien, führe zu Unklarheiten, so der Rechnungshof. Diese Kritik ist nicht überzeugend. Weshalb soll in der Bildungsdirektion nicht funktionieren, was beispielsweise in jeder Bezirkshauptmannschaft funktioniert? Der Rechnungshof widerspricht sich auch dadurch, dass er Bund und Länder auffordert, den Bildungsdirektionen noch mehr Zuständigkeiten zu übertragen. Das muss man angesichts seiner harschen Kritik an der Behörde nicht unbedingt verstehen.

Nüchtern betrachtet bestätigt der Rechnungshofbericht einige Startschwierigkeiten, womit er den Bedarf der Medien an Negativschlagzeilen stillt. Es hat jedoch keinen Sinn, der „zu mir-Variante“ nachzutrauern. Hatscherte Kompromisse sind in Österreich nämlich besonders langlebig.

Peter Bußjäger ist Direktor des ­Instituts für Föderalismus und ­Universitätsprofessor in Innsbruck.

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