Psychisch Kranke rekrutiert

Die Wagner-Truppe kämpft für Russland und rekrutiert auch Schwerverbrecher.
Kiew, Moskau Die russische Führung will den seit Monaten tobenden Kampf um die Stadt Bachmut im Osten der Ukraine mit unverminderter Härte weiterführen. „Die Befreiung von Artjomowsk (russische Bezeichnung von Bachmut) wird fortgesetzt“, sagte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Dienstag in Moskau. Die Einnahme der Stadt erlaube es, ukrainische Verteidigungslinien in der Tiefe zu durchbrechen, begründete der 67-Jährige das Beharren auf der verlustreichen Offensive.
Aufsehenerregende Recherche
Wegen Personalmangels lockert die russische Söldnertruppe Wagner laut einem Medienbericht die Aufnahmebedingungen und lässt Männer mit psychischen Vorerkrankungen zum Dienst zu. Die Söldnertruppe werbe damit, dass nun keine psychiatrischen und ärztlichen Atteste mehr für die Einstellung nötig seien, berichtete die unabhängige Internetzeitung „Moscow Times“. Laut dem Bericht ist Wagner sogar bereit, Männer anzuheuern, die in einer Nervenheilanstalt behandelt wurden. Zuvor hatte die Einheit monatelang russische Strafgefangene in Gefängnissen rekrutiert.
Ein Korrespondent der „Moscow Times“ habe bei Wagner angerufen und sich als Freiwilliger ausgegeben. Auf die Frage, ob es kein Problem sei, dass er wegen eines Nervenzusammenbruchs behandelt worden sei, habe der Anwerber ihm nur geraten, seinen Zustand selbst einzuschätzen. Wenn alles normal sei, sei er herzlich willkommen. Laut den eigenen Vorschriften nimmt die Wagner-Truppe keine Schwer- und Hepatitiskranken und keine Drogenabhängigen auf. Doch die Überprüfung beschränkt sich dem Bericht nach auf einen Expresstest mit Blut- und Urinabgabe für einen eventuellen Drogennachweis.
Die Wagner-Truppe kämpft aufseiten der russischen Armee im Raum Bachmut. Zur Auffüllung des Kaders rekrutierte Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin monatelang in russischen Gefängnissen vor allem Schwerverbrecher für die Truppe mit dem Versprechen einer Begnadigung nach einem Halbjahresdienst. Bis zu 50.000 Strafgefangene soll Wagner an die Front geschickt haben.
Armee klärt Identität
Die ukrainische Armee hat unterdessen die Identität eines mutmaßlich von russischen Soldaten erschossenen Kriegsgefangenen nach eigenen Angaben „vorläufig“ geklärt. Der 41-Jährige gilt seit dem 3. Februar bei der umkämpften Stadt Bachmut als vermisst, teilten die Landstreitkräfte der Ukraine mit. Eine endgültige Bestätigung könne es aber erst geben, wenn die Leiche gefunden und übergeben werde.
Am Montag hatte das Video einer mutmaßlichen Erschießung eines Mannes in ukrainischer Uniform durch Russisch sprechende Männer für Entsetzen gesorgt. Der Mann rief vor den tödlichen Schüssen noch den Gruß der ukrainischen Armee „Ruhm der Ukraine!“.