Vernichtendes Zeugnis

Partygate-Skandal: Johnson soll Parlament immer wieder belogen haben.
london Boris Johnson hat das britische Parlament nach Ansicht eines Untersuchungsausschusses wieder und wieder belogen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung zu Äußerungen des konservativen Ex-Premierministers im sogenannten Partygate-Skandal.
Der vor knapp einem Jahr aus dem Amt geschiedene Johnson hatte mehrfach im Parlament angegeben, es habe keine illegalen Lockdown-Partys während der Pandemie in seinem Regierungssitz gegeben. Als das nicht mehr zu halten war, stritt er ab, davon Kenntnis gehabt zu haben oder selbst dabei gewesen zu sein. Alles stellte sich als falsch heraus. Johnson sagte später, er habe stets nur den Stand seiner Kenntnis wiedergegeben. Doch das nahm ihm der Ausschuss nicht ab. „(…)wir ziehen den Schluss, dass Mr. Johnsons Verhalten vorsätzlich war und dass er sich der schweren Missachtung des Parlaments schuldig gemacht hat“, hieß es in dem mehr als 100-seitigen Bericht, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Dafür und für weiteres Fehlverhalten empfahl der Ausschuss, Johnson 90 Tage lang aus dem Unterhaus zu verbannen. Er hätte sich wohl erneut in seinem Wahlbezirk den Wählern stellen müssen. Johnson kam der Sanktion bereits zuvor, indem er sein Mandat niederlegte. Die Strafe wäre mit der empfohlenen Dauer deutlich härter ausgefallen, als bislang angenommen. Zusätzlich empfahl der Ausschuss, Johnson seinen Zugangsausweis zum Parlament zu entziehen.
Grund für die Härte der empfohlenen Sanktionen war auch die Reaktion Johnsons, nachdem ihm der Bericht für eine Stellungnahme vorab zugesendet worden war. Johnson hatte den Ausschuss öffentlich als „kangaroo court“ (etwa: Willkürgericht) bezeichnet. Diese und ähnliche Äußerungen wertete der siebenköpfige Ausschuss als weitere Missachtung und Bruch von Vertraulichkeitsregeln. „Diese Untersuchung trifft ins Herz unserer Demokratie. Das Unterhaus irrezuführen ist kein Formfehler, sondern eine Angelegenheit von großer Bedeutung.“ Johnson reagierte verärgert und stritt ab, unaufrichtig gewesen zu sein.
Weitere Zerreißprobe
Am Montag sollen die Abgeordneten über die Ergebnisse des Berichts debattieren und darüber abstimmen, ob sie dem Ergebnis zustimmen. Für die Konservative Partei von Premier Rishi Sunak dürfte das eine weitere Zerreißprobe werden.
Wie dem Bericht zu entnehmen ist, fanden im Regierungssitz während der Pandemie weitere, bisher nicht bekannte illegale Feiern statt. Der anonymen Zeugenaussage eines Regierungsinsiders zufolge war die Downing Street wie „eine Oase der Normalität“ mit Geburtstagspartys, Abschiedsfesten und regelmäßigen Weinabenden. Das geschah teilweise zu Zeiten, als die Menschen nicht einmal von ihren sterbenden Angehörigen Abschied nehmen konnten und selbst Trauerfeiern auf wenige Teilnehmer beschränkt waren.