Lukaschenko Profiteur der Russland-Turbulenzen

Politik / 28.06.2023 • 22:56 Uhr
Experten glauben, dass Präsident Alexander Lukaschenko durch die Entwicklungen vom Wochenende innenpolitisch gestärkt wurde.AFP
Experten glauben, dass Präsident Alexander Lukaschenko durch die Entwicklungen vom Wochenende innenpolitisch gestärkt wurde.AFP

Belarussischer Präsident innenpolitisch gestärkt.

Minsk In den vergangenen Jahren mutierte der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko international zum Paria, nachdem er Proteste gegen Unregelmäßigkeiten bei der Präsidentschaftswahl 2020 niederschlagen ließ. Seit Samstag steht der 68-Jährige plötzlich als zentrale Figur in der innerrussischen Auseinandersetzung zwischen Wagner-Söldnern und Zentralmacht da.

„Lukaschenko ist innenpolitisch durch die Entwicklung am Wochenende auf jeden Fall gestärkt worden“, sagt Astrid Sahm, Belarus-Expertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). „Und Putin schuldet ihm jetzt einen Gefallen.“ Lukaschenko könne nun darauf verweisen, dass er entscheidend mitgeholfen habe, einen Bürgerkrieg beim großen Bruder Russland zu verhindern. Zumindest das komme auch in Belarus gut an, weil die Bevölkerung dort keinen Bürgerkrieg in Russland wolle. Die belarussische Oppositionsführerin im Exil, Swetlana Tichanowskaja, schrieb auf Twitter: „Ohne Putins Unterstützung wird das Lukaschenko-Regime nicht überleben können.“ Franak Viacorka, ein Berater der Opposition, sagt über Putin und Lukaschenko: „Sie hassen sich gegenseitig. Aber sie brauchen sich gegenseitig.“

Potenzielle Gefahr

Es stellt sich die Frage, ob der Nutzen der Aufnahme der Söldner in einer leer stehenden Kaserne von Dauer ist. Denn Lukaschenko geht das Risiko ein, eine unbekannte Zahl schwer bewaffneter Männer ins Land zu lassen, die Progoschin teilweise unter Schwerverbrechern in Gefängnissen hat rekrutieren lassen. „Wir haben sie gut im Auge“, betonte der Präsident deshalb am Dienstag, als ob er sich der Gefahr bewusst sei. Aber man könne von der Wagner-Truppe durch deren Kriegserfahrung lernen, fügte er hinzu.

In der Abwägung dürfte Lukaschenko zu dem Schluss gekommen sein, dass ihm die Stationierung mehr nutze als schade, meint Sahm. Denn er habe zwar am russischen Beispiel gesehen, wie gefährlich eine Privatarmee und die Schwächung der staatlichen Macht sein könne.

„Aber er hat durchaus Angst, dass die Opposition in Belarus zu einem bewaffneten Kampf übergehen könnte. Da könnte die Wagner-Truppe Schutz gewähren“, glaubt sie mit Blick auf die innenpolitische Entwicklung und die unsichere Loyalität der Streitkräfte im Konfliktfall.