Anklagen im Finanzskandal von Fußach

Politik / 30.06.2023 • 17:30 Uhr
Bürgermeister Peter Böhler ist bemüht, den Schaden zu begrenzen. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
Bürgermeister Peter Böhler ist bemüht, den Schaden zu begrenzen. VN/Paulitsch

Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen Untreue und Missbrauch der Amtsgewalt.

Fußach In einem beispiellosen Fall von Misswirtschaft und Kontrollversagen, der 2021 vom Vorarlberger Landesrechnungshof (LRH) in der Gemeindeverwaltung in Fußach aufgedeckt wurde, hat die Staatsanwaltschaft Feldkirch nun Anklage erhoben. Wie Sprecher Heinz Rusch bestätigte, richte sich die Anklage gegen zwei Personen wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt und des Vergehens der Untreue. Es wird angenommen, dass es sich bei den Beschuldigten um den ehemaligen Bürgermeister und den inzwischen pensionierten Finanzleiter handelt. Eine formelle Bestätigung steht jedoch noch aus.

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Der Fall, der wegen der unzulässigen, millionenschweren, risikoreichen Veranlagungen und fehlgeschlagener Kontrollmechanismen großes Aufsehen erregt hatte, könnte bei einem Schuldspruch zu einer Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren führen. Es wird geschätzt, dass der durch die Misswirtschaft entstandene Schaden bei über 500.000 Euro liegt. Nach APA-Informationen ist in der Anklage der Komplex um die Veranlagungen abgespalten worden, damit könnten in der Causa noch weitere Verfahren folgen. Zudem sollen sich die Ermittlungen der Behörden aufgrund der großen Datenlücken schwierig gestaltet haben, viele Vorgänge waren offenbar schlicht nicht beweisbar. 

Vernichtender Bericht

Der LRH-Prüfbericht für die Jahre 2016 bis 2019 zeigte ein vernichtendes Bild: Der Bürgermeister hatte den Finanzleiter ohne die erforderliche Zustimmung der Gremien mit der Wertpapierveranlagung betraut. Dieser tätigte trotz des seit 2014 geltenden Spekulationsverbots für Gemeinden risikoreiche Aktien- und Fondsankäufe im Wert von über 17 Millionen Euro. Im Herbst 2019 verkaufte er den gesamten Wertpapierbestand im Wert von 8,5 Millionen Euro auf eigene Faust, was einen Verlust von 1,8 Millionen Euro verursachte.

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Trotz guter Finanzkennzahlen sah die Rechnungshof-Direktorin Brigitte Eggler-Bargehr in Fußach einen dringenden Handlungsbedarf für Aufarbeitung und Neuaufstellung. Der Rechnungshof stellte fest, dass grundlegende Prinzipien einer transparenten, nachvollziehbaren und rechtskonformen Verwaltung missachtet wurden, „sei es aus Unkenntnis oder Überforderung, teilweise sogar bewusst“.

Lange Mängelliste

Die Liste der Mängel war lang: Personalakten waren unvollständig oder fehlten, Beschäftigte wurden nicht bei der Sozialversicherung gemeldet oder per Wertgutschein bezahlt, zur Prüfung nötige Unterlagen wurden privat oder gar nicht aufbewahrt. Dazu kamen hohe Summen für Überstunden, die sich der Finanzleiter zusätzlich zu seinem bereits mit großzügigen Zulagen ausgestatteten Gehalt selbst ausbezahlte. Der Mann, der laut LRH über Jahre ohne jede Kontrolle agieren konnte, habe praktisch an jedem Wochentag Überstunden geschrieben, auch an Sonn- und Feiertagen, halben Urlaubstagen oder Tagen mit einer Krankmeldung.

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Gemeinde als Privatkläger

Der heutige Bürgermeister Peter Böhler, der die Amtsführung im Herbst 2020 übernahm, beschrieb die Aufgabe der Verwaltungsreform als „Knochenjob“. Er versicherte jedoch, dass die 46 Empfehlungen des Landesrechnungshofs umgesetzt werden und man nun auf dem richtigen Weg sei. Als ein Beispiel für die Bemühungen um Schadensbegrenzung führte er den Rückkauf eines Wertpapiers an, das 2019 verkauft wurde und den größten Einzelverlust verursacht hatte. Man habe das Papier für einen Cent zurückgekauft, es könnte doch noch werthaltig sein. Böhler kündigte an, dass sich die Gemeinde als Privatkläger beim Gerichtsverfahren anschließen werde, um den verursachten Schaden so gut wie möglich zu begrenzen.