Cannabis: Wie sich das Land auf die deutschen Pläne vorbereitet

Politik / 24.08.2023 • 16:55 Uhr
In Deutschland sollen Pflanzen bald in Cannabis-Clubs angebaut werden dürfen. <span class="copyright">APA/Fohringer</span>
In Deutschland sollen Pflanzen bald in Cannabis-Clubs angebaut werden dürfen. APA/Fohringer

In Deutschland kommt es bald zur Gesetzesänderung. Österreich überlegt verstärkte Kontrollen.

Von Magdalena Raos und Melanie Fetz

Schwarzach Deutschland macht ernst. Im Nachbarland soll das Kiffen spätestens mit dem Jahreswechsel legal werden. Mitte August hat das Bundeskabinett in Berlin den entsprechenden Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht. In Österreich ist eine solche Wende hingegen nach wie vor nicht abzusehen. Vielmehr erwägt der Bund verstärkte Kontrollen an der Grenze zum Nachbarland. Kritiker sehen Stillstand in der heimischen Drogenpolitik.

Cannabis: Wie sich das Land auf die deutschen Pläne vorbereitet

In Deutschland soll Cannabis im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen werden. Erwachsene ab 18 Jahren dürfen dann 25 Gramm besitzen, privat sollen maximal drei Pflanzen angebaut werden können. In speziellen Vereinen, Cannabis-Clubs, ist es dann künftig möglich, Pflanzen gemeinschaftlich anzubauen und die Droge gegenseitig abzugeben.

In Österreich werden unter anderem verstärkte Verkehrskontrollen erwogen. <span class="copyright">Symbolbild/Steurer</span>
In Österreich werden unter anderem verstärkte Verkehrskontrollen erwogen. Symbolbild/Steurer

Wie vor Kurzem bekannt wurde, überlegt Österreich wegen der anstehenden Gesetzesänderung strengere Kontrollen an der Grenze zum Nachbarland. Das Innenministerium teilt mit Blick auf die neue deutsche Regelung mit: „Etwaige Konsequenzen für die österreichische Polizei könnten grenzüberschreitender Suchtgifthandel mit Ausgangspunkt Deutschland, aber auch etwaige Gefahren durch beeinträchtigte Lenker im Straßenverkehr sein.“ Aus derzeitiger Sicht seien kriminalpolizeiliche Maßnahmen sowie verstärkte Verkehrskontrollen nicht auszuschließen. Die Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit werde zeitgerecht ein entsprechendes Konzept erarbeiten.

Wissenschaftliche Grundlage

Das Land glaubt indes nicht an viele Veränderungen im Vergleich zur aktuellen Lage. Das zeige schon das Beispiel Schweiz. Dort sind seit 2021 Pilotversuche mit der kontrollierten Abgabe von Cannabis möglich. Dem dortigen Bundesamt für Gesundheit zufolge sollen sie eine wissenschaftliche Grundlage für eine zukünftige Regelung liefern. Dies habe sich nicht wesentlich auf das Konsumverhalten der Vorarlbergerinnen und Vorarlberger ausgewirkt, teilt das Land auf VN-Anfrage mit. „Selbstverständlich werden wir dies weiterhin über bestehende Strukturen beobachten.“ Die Entscheidung zur regulierten Abgabe von Cannabis liege jedenfalls in Bundeskompetenz. Ob es in diesem Bereich entsprechende Änderungen gebe, müsse also der Bund festlegen.

Suchtexperte Philipp Kloimstein betont einmal mehr die Wichtigkeit des Jugendschutzes. <span class="copyright">Stiftung Maria Ebene</span>
Suchtexperte Philipp Kloimstein betont einmal mehr die Wichtigkeit des Jugendschutzes. Stiftung Maria Ebene

Dass als Reaktion auf die Legalisierungspläne der Nachbarn verstärkte Polizeikontrollen an der Grenze Thema sind, sieht Suchtexperte Philipp Kloimstein als die Folge eines Aktionismus von Regierungsparteien. Auch der Primar des Krankenhauses Maria Ebene geht nicht davon aus, dass es zu einem vermehrten Drogentourismus nach Deutschland kommen wird. „Es gibt hierzulande jetzt schon die Möglichkeit, problemlos an Cannabis heranzukommen“, erläutert er die aktuelle Situation im Land. „Und in Lindau wird man nicht plötzlich etwas geschenkt bekommen.“

Je höher der THC-Gehalt, desto größer das Risiko.

Primar Dr. Philipp Kloimstein, Stiftung Maria Ebene

Als positiven Aspekt einer Legalisierung nennt Kloimstein einmal mehr die Entkriminalisierung der Menschen. In Österreich würde dies bedeuteten, dass etwa 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung nicht mehr kriminell wäre, also jene Menschen, die in ihrem Leben bereits zumindest einmal gekifft haben. „Legalisieren heißt aber nicht, dass die Substanz ungefährlich wird“, betont der Suchtexperte einmal mehr. Allerdings werde auch nicht jeder, der kifft, sofort psychotisch. „Je höher der THC-Gehalt, desto größer das Risiko.“  Das Wichtigste sei der Jugendschutz. Diesbezüglich sieht der Primar der Stiftung Maria Ebene das Vorhaben der Deutschen, was die Altersschwelle betrifft, kritisch. „Ab 21 Jahren wird nicht mehr unterschieden. Es stellt sich die Frage, ob diese Schwelle nicht nach oben gesetzt werden sollte.“

<p class="caption"></p>Bernhard Amann kritisiert die österreichische Drogenpolitik einmal mehr und pocht auf Entkriminalisierung. <span class="copyright">Amann</span>

Bernhard Amann kritisiert die österreichische Drogenpolitik einmal mehr und pocht auf Entkriminalisierung. Amann

Bernhard Amann, Obmann der Drogenberatungsstelle Ex und Hopp in Dornbirn, bezeichnet die geplante deutsche Regelung als einen „richtigen und guten ersten Schritt“. Positiv sei etwa die Lösung mit den speziellen Vereinen, den Cannabis-Clubs. Diese gebe es beispielsweise bereits in Spanien. Dadurch komme es auch nicht zur Geschäftemacherei. In Tschechien habe sich wiederum der erlaubte Eigenanbau bewährt.

Wir sind nie Avantgarde, sondern ziehen nur nach, wenn es nicht anders geht.

Bernhard Amann, Obmann Drogenberatungsstelle Ex und Hopp

Amann, der sich schon seit vielen Jahren für eine Cannabis-Legalisierung stark macht, kritisiert die österreichische Drogenpolitik immer wieder deutlich „Wir sind nie Avantgarde, sondern ziehen nur nach, wenn es nicht anders geht“, betont er. Dabei gehöre Cannabis bereits für viele zur Lebenskultur. Auch Amann pocht auf eine Entkriminalisierung und verweist auf die Debatte rund um THC-Grenzwerte im Straßenverkehr. Im Gegensatz zu Alkohol gibt es in Österreich als eines weniger Länder in Europa nach wie vor nämlich keine solchen für den Cannabis-Wirkstoff.  Dabei hatte dies der Suchtbeirat des Landes letztes Jahr empfohlen. Doch es herrsche weiterhin Stillstand.